HAMMER INTO ANVIL
HAMMER ODER AMBOSS

 

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Produktionsbedingte verzögerungen führen zu unterschieden in der US- und
GB-reihenfolge. Die deutsche weicht wiederrum und ohne ersichtlichen grund davon ab.
Die listung der episoden
entspricht der sog. englischen standard-reihenfolge.
Handlungslogisch betrachtet erfordern die episoden von NUMMER 6 keine zwingende abfolge. In praktisch allen ländern, in denen NUMMER 6 lief, gab es eigene reihenfolgen.

Mehr zur episodenreihenfolge...

 

 

"I AM NOT
A NUMBER.
I AM
A PERSON."

"SIX OF ONE,
HALF A
DOZEN OF
THE OTHER."

 

 

DREHBUCH: Roger Woddis
REGIE: Pat Jackson
DEUTSCHE EPISODE nr. 10
DEUTSCHE FASSUNG: Joachim Brinkmann
DEUTSCHE ERSTSENDUNG: ZDF 28.02.1970

MEHR: DIE TITEL
SYNCHRONREGIE: JOACHIM BRINKMANN
THIS PAGE IN ENGLISH

EPISODENINHALT

Der selbstmord einer mitgefangenen während eines verhörs, dessen zufälliger zeuge Nummer Sechs ist, macht ihn zum gegner der äußerst machtbesessenen neuen Nummer Zwei. Um die frau zu rächen, inszeniert er eine raffinierte intrige gegen Nummer Zwei. Eine kuckucksuhr spielt dabei eine wichtige rolle. Nummer Sechs trägt einen raren sieg davon.

PLATZ 10 Nette gelungene geschichte mit witz und ebensolcher gebrauch einer kuckucksuhr. Patrick Cargill als Nummer Zwei chargiert zwischen besessenheit und übertreibung.

 

Lesen Sie nur dann weiter,
wenn Sie NUMMER 6 bereits kennen
und sich näher mit hintergründen,
der produktionsgeschichte, therorie und diskussion beschäftigen wollen.
-
Wir sehen uns!

Von Arno Baumgärtel

Der befund ist recht eindeutig: Bestünde NUMMER 6 nur oder überwiegend aus episoden wie "Hammer oder Amboss", wäre die serie schon lange ein fall fürs fernsehmuseum. Ins museum geht man üblicherweise nur ab und zu. Da wäre sie eine unter vielen serien, an die man sich gern erinnert, wie gut sie gemacht war, an den einen oder anderen kniff, die man sich aber kaum ein zweites, gar ein drittes mal anschaut. Schön war's. Das war's.

"Hammer oder Amboss" ist von allen epsioden die schlichteste und geradlinigste. Sie besteht aus nur einer handlung, es gibt keine nebenhandlung, kein abweichen davon, Kein fluchtversuch, kein akt des widerstands.

David Stimpson schreibt in seinem blog (Januar 2015): "Nummer Sechs ist wie ein ritter in schimmernder rüstung, nach dem tod einer frau in nöten auf rache sinnend, aus seiner sicht eine art kavalierstat. Diese geschichte ist so ziemlich am weitesten weg von allem, was das grundlegende konzept von NUMMER 6 betrifft. Tatsächlich ist "Hammer oder Amboss" das, was man eine

füllepisode nennt, eine wie "Das Amtssiegel" oder "Sinneswandel". Allerdings sollte der begriff 'füllepisode' keineswegs herabmindernd verstanden werden. Wir genießen es ja, wie Nummer Sechs mittels störmanövern eine intrige anzettelt und er Nummer Zwei in den wahnsinn treibt! Für Nummer Zwei bedeuten seine paranoia und sein misstrauen gegenüber jedem, auch Nummer 14, seinem assistenten, den untergang. Und man könnte sagen, dass diese spezielle Nummer Zwei ganz einfach die widerwärtigste, übelste und unsympathischste von allen auf dieser position ist."

GERMANISMEN IN NUMMER 6
PRISONER'S PORTMEIRION - DIE SCHAUPLÄTZE DER SERIE
TAXI: FAHREN SIE MICH SO WEIT SIE KÖNNEN!
MEHR: MUSIK SAGT ALLES
MEHR: DIE NEUE NUMMER ZWEI
MEHR: NAMEN UND NUMMERN
SPEZIFISCHE IRONIE: TONGUE-IN-CHEEK

Dabei hat diese episode mehr zu bieten, als nur eine übertriebene, fast schon camp-performance durch Nummer-Zwei-darsteller Patrick Cargill und eine schauspielerische 'kontrollierte offensive' (Otto Rehagel, ex-Bundesliga-trainer) durch Patrick McGoohan. Denn "Hammer oder Amboss ist auch das: eine theaterinszenierung mit womöglich überreich agierenden darstellern, aber ein veritabler pas de deux mit Cargill und McGoohan, wie Chris Gregory [1] bemerkt, McGoohan "mit seinem zynisch kontrollierten besten."
Und doch, an die leistung der episode "Pas de deux" reicht es nicht heran. Aber zweifellos ein starker episodentitel, mit einer, wenn man so will: sollbruchstelle. Denn schneller als der amboss bricht in der regel der hammer. Was in der geschichte vorhersehbar bewiesen wird.

Da ist zum einem die gelehrte verwendung eines germanismus', der freunden des sprechtheaters gefallen müsste und der immerhin eine chance bietet, der serie NUMMER 6 neue freunde zu gewinnen: Johann Wolfgang Goethe, Deutschlands größter dichtersohn, wird hier von Nummer Zwei auf deutsch titelgebend zitiert, im wesentlichen die letzte zeile:
"Geh! Gehorche meinen Winken,
Nutze deine jungen Tage,
Lerne zeitig klüger sein:
Auf des Glückes großer Waage
Steht die Zunge selten ein;
Du musst steigen oder sinken,
Du musst herrschen und gewinnen,
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
[Du musst] Amboss oder Hammer sein."

Drehbuchautor Roger Woddis war schriftsteller, schrieb kolumnen in zeitschriften und sozialkritische gedichte. "Er war als humorist bekannt," so David Stimpson [2] auf anfrage. "Er schrieb für den Daily Herald und manuskripte für fernsehsendungen. Ich denke, es ist sehr unwahrscheinlich, dass er den auftrag für das drehbuch von "Hammer oder Amboss" von McGoohan erhalten hat, der hatte mit den autoren wenig zu tun. Eher schon, dass er von George Markstein angesprochen wurde. Aber das ist nur meine meinung." Ein abschnitt im blog des anonymen PRISONER-gelehrten Moor Larkin [3] scheint diese annahme zu unterstützen. Im einem nachruf auf seinen tod wurde bekannt, dass Woddis mitglied der Kommunistischen Partei Großbritanniens gewesen war. Woddis' einflussreichstes werk, so Wikipedia, sei das gedicht "Ethics for Everyman", worin es um die doppelmoral ethischer prinzipien geht. Was bemerkenswert ist: Der name von McGoohans produktionsgesellschaft war "Everyman Films". Brian J. Robb [4 ], ein blogbetreiber, glaubt, dass es diese inhalte sind, die McGoohan mit NUMMER 6 ausdrücken wollte.

Zum anderen und entscheidend, "Hammer oder Amboss" ist, bei allen schwächen, überraschenderweise auch eine episode über den drehschauplatz Portmeirion und steht somit in einer reihe mit den stärksten und ebenfalls Portmeirion-basierten episoden "Die Ankunft", "Freie Wahl", "Schachmatt", "Die

KEIN SZENENBILD, EINE AUFNAHME VON GUNTER KLUG AUS DEM JAHR 1996

Anklage" und "Herzlichen Glückwunsch". Nach dem ersten drehtermin im September 1966 fuhr ein kleineres team im März 1967 erneut nach Wales, um zusätzliche aufnahmen zu machen. Außer Patrick McGoohan und seinem double Frank Maher war keiner der anderen hauptdarsteller vor ort.

Obwohl im beginnenden frühjahr, aber mit wenig sonne und so ein bisschen trostlos mit noch spärlicher vegetation, teilweise mit day-for-night-aufnahmen, der Ort aber aus vielen unterschiedlichen blickwinkeln, stehen diese bilder von Portmeirion in starkem kontrast zu den billig wirkenden kulissennachbauten (nicht nur in dieser episode) von außenanlagen im filmstudio von Borehamwood. Man muss die gefilmten plätze revue passieren lassen, das konzert in und vor der Bristol Colonnade, das areal neben Watch House, an und auf den Battery Steps, am oder auf dem Steinboot oder der ehemalige swimmingpool mit der bootsanladung zum ästuar hin, dem watt vor dem eigentlichen hotelgebäude Portmeirions. Die bilder der gebäude mit ihren verwitterten farbanstrichen verbreiten eine gewisse endzeitstimmung, ganz besonders für Nummer Zwei, und eine ganz eigene patina. Sie scheinen ihre eigene viel tiefgründigere geschichte zu erzählen. Vielleicht die über die vergänglichkeit und die dauer des aufenthaltes von Nummer Sechs im Ort? Vielleicht über den in dieser episode abwesenden alternativen, metaphorischen Ort?

Und wieder (wie vor allem in "Die Ankunft") wird die topografie des Ortes gleichsam synthetisiert, entfernungen werden eingezogen und die räumlichkeiten neu arrangiert. So findet man das im studio nachgebaute café erneut an einem anderen platz als sonst. Nummer Sechs, in der nähe des Steinbootes, hört den schrei von Nummer 73 im krankenhaus und eilt in sekunden dorthin. Im realen Portmeirion lässt sich kaum eine größere distanz (zu fuß rund 15 minuten) zurücklegen.

BLASEBALG ODER BRÖTCHEN?
HAMMER ODER AMBOSS (1966) UND GOLDRAUSCH (1925)

Es sind die facetten, die zählen. Die episode leidet an der schlichtheit der überzogenen rachegeschichte, die so gut wie keine leerstelle lässt, um einen diskurs daran anzuschließen. Aber kurzweilig ist sie. Etwa als der bombenfachmann die winzigen blasebälge der zerlegten kuckucksuhr "tanzen" lässt; nicht so elegant wie Charlie Chaplin die brötchen, aber witzig. Weiter gedacht könnte Nummer Sechs aufgrund seiner subversiven strategie, um Nummer Zwei fertig zu machen, sogar der gründer der so genannten "Jammer" in der episode "Das Amtssiegel" sein. Ungeplante ironien.

Nummer Sechs gibt im Tally Ho eine auf Nummer Zwei gemünzte kleinanzeige auf, ein zitat aus Cervantes' "Don Quichotte": "Hay mas mal en el aldehuela que se suena." Auf Deutsch: "Es gibt mehr schlechtes in dem ort, als man sich träumen lässt." Ein verdikt über diesen Ort. Wie konträr dagegen die radiobotschaft in "Die Anklage", wo es heißt: "Nirgendwo ist es so schön wie hier..." Freilich lässt die nachricht offen, ob der aufenthaltsort von Nummer Sechs gemeint ist. Facetten wie zwei fassaden, Portmeirions Gate House hat zwei und eine reihe weiterer gebäude ebenfalls. So janusgesichtig wie ambivalent, sozusagen.

In "Herzlichen Glückwunsch" hat Patrick Cargill einen auftritt als Thorpe, aus Nummer Sechs' früherer dienststelle. Unter PRISONER-exegeten bleibt umstritten, ob es sich bei seiner Nummer Zwei hier um dieselbe person handelt. Viel spricht nicht dafür. Nummer Sechs und er hätten sich bei ihrer ersten begegnung sicher anders verhalten, wenn sie sich gekannt hätten. Außerdem würden die machthaber wahrscheinlich wert darauf legen, keine bekannten von Nummer Sechs in verantwortlicher position zu beschäftigen. Und aus sicht der fernsehproduktion war es normal, vertraglich gebundene schauspieler immer wieder zu besetzen.
Nummer Zwei jedenfalls scheint bereits vor beginn der episodenhandlung im amt gewesen zu sein. Er hat die vernehmung von Nummer 73 zur chefsache erklärt und mit einem im Tally Ho abgedruckten beitrag "zu erhöhter wachsamkeit" aufgerufen. Paranoia, the Destroyer (The Kinks, 1981).

73

"Hammer oder Amboss" ist die einzige folge, wo die ziffer 7, ansonsten ein "numerus non gratus" und allenfalls verkappt existent, explizit vorkommt. Sie wird benannt und erscheint auf dem grabstein der verstorbenen.

"Music begins where words leave off" ist offenbar die englische übersetzung des deutschen originalzitats "Wo die sprache aufhört, fängt die musik an" von ETA Hoffmann (1776 - 1822). Kleine, leicht übersehene verweise auf die vielfältigen, nicht nur literarischen wurzeln der serie NUMMER 6 im allgemeinen. In "Hammer oder Amboss" spielt das von einer schallplatte abgespielte stück "L'Arlésienne" von George Bizet eine markante rolle im von Nummer Sechs angezettelten feldzug gegen Nummer Zwei.

'Wo die argumente ausgehen, fliegen die fäuste' könnte das passende sprichwort sein für die szene, als es zwischen Nummer 14 und Nummer Sechs zu einer auseinandersetzung kommt. Dabei geht die einrichtung von Nummer Sechs' appartment zu bruch. Die knapp eine minute lange kampfszene, wortlos, aber mit geräuschen, ist zu einschmeichelndster Vivaldi-musik in einem arrangement von Albert Elms choreografiert und balanciert den eher chargierenden paranoia-charakter Cargills auf zurückgenommene weise aus, nicht witzig, tongue-in-cheek eben. Die kamerapositionen sind ausgefallen: Teilweise hoch über kopf bieten sie einen blick auf das hier mehr als nur metaphorische schlachtfeld appartment von Nummer Sechs; dem blick des Butlers auf das schachfeld (in "Schachmatt") nicht unähnlich.

GERMANISMEN IN NUMMER 6
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SPEZIFISCHE IRONIE: TONGUE-IN-CHEEK

Downright silly. Ist das gerangel im Nummer-Sechs-appartment wohltuend selbstironisch, so präsentiert sich das von McGoohan selbst ersonnene trampolinspiel "Kosho" als zwar sehr dynamische, aber ziemlich sinnentleerte aktion. Das spiel wurde eindeutig für diese episode - "Hammer oder Amboss" - gedreht. Aber die von Nummer Sechs bezwungene Nummer 14 wird nicht einmal

ins wasser befördert, was das ziel des spiels gewesen wäre, sondern großzügig verschont. Bleibt als einzige absicht, etwas episodenlaufzeit zu gewinnen. "Kosho" wird auch in der episode "Das Amtssiegel" gespielt. Seltsamerweise ist die menge des verwendeten filmmaterials da noch viel größer als hier. Wahrscheinlich weil die noch ungleich dünnere und gekünsteltere handlung die aufpolsterung nötiger hatte.

[1] Chris Gregory, "THE PRISONER Episode by Episode" https://chrisgregory.org/blog/2009/09/09/the-prisoner-episode-by-episode/#10
[2] David Stimpson ist der autor des 2018 erschienenen buches "THE PRISONER Dusted Down" (Quoit Media)

[3] Moor Larkin, im blog am 28.12.2011 https://numbersixwasinnocent.blogspot.com/search?q=woddis]
[4] Brian J. Robb, blog: https://theprisonerepisodebyepisode.wordpress.com/2017/12/01/10-hammer-into-anvil/


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