Eine knappe antwort auf die frage, um was
es in NUMMER 6 geht, ist nicht einfach zu geben.
Zu beginn der ersten episode "Die Ankunft" begegnet man
einem wichtigen mann, der seinen job niederlegt und entführt
wird. Für die nächsten dutzend storys bleibt es ein geheimnis,
wer er ist und wo man ihn gefangen hält - und warum. Ob ihm
die flucht gelingen und er frei kommen wird, entwickelt sich zu
der frage schlechthin.
Patrick McGoohan hatte einen derart großen
anteil an der herstellung der episoden, dass er beinahe in der figur
Nummer Sechs lebte. McGoohan war verschiedentlich drehbuchautor,
regisseur, ausführender produzent, schauspieler und ideengeber,
er setzte skriptänderungen noch ununmittelbar vor dem drehtermin
durch.
McGoohan forderte eine straffe regie. Auf standfotos
sieht man ihn oft mitsamt kostüm hinter der kamera, zeichen
dafür, dass er ganz schnell zwischen seiner oberaufsichtsposition
und seiner rolle hin- und herwechselte, auch schon in den frühen
tagen in Portmeirion.
McGoohan bestand auf schnellen schnitten und hat angeblich
häufig den cuttern angegeben, szenen zu straffen und dialogteile
zu entfernen.
Beim lesen von filmkritiken fällt einem hin und wieder eine bemerkung
über den schauplatz oder die kameraarbeit auf. Im falle von
Portmeirion wurde oft gesagt, der ort sei wie eine bühne, jede
ecke, jedes gebäude erlaube in verschiedenen episoden eine
andere atmosphäre.
Die ersten credits für die beeindruckende musik in NUMMER
6 gehen an Albert Elms, Wilfred Josephs, Ron Grainer und Robert Farnon. In mancher
hinsicht war die musik so fantasievoll und ungewöhnlich wie
der visuelle gehalt der episoden selbst. Von blechblasmusik zu psychedelischen stücken oder pop reicht
die hervorragende auswahl.
Drehbuchautor George Markstein hatte um sich herum eine basis
etablierter autoren, die er heranzog, wenn skripte zu schreiben
waren, für die McGoohan, Markstein und David Tomblin neue ideen
geliefert hatten. Mit dem verlauf der serie wurden die storys immer
verschrobener und surrealer. McGoohans "Free For All"
brachte ebenso wie "Die Anklage" fantasy-elemente in die
episoden. Spätere storys wie "Living In Harmony"
und "---3-2-1-0" stellten die serie geradezu auf den kopf.
Und der abschluss mit "Demaskierung" war von der ursprünglichen
prämisse von NUMMER 6 ganz weit entfernt, ein unterirdisches,
surreales, und sicher ein zuvor nicht erwartetes szenario.
Ebenso wie viele andere aspekte der serie beeindruckend waren die
männer und frauen auf der position des örtlichen stellvertreters
der anonymen macht, und womöglich hätten sie auch höhere
posten verdient gehabt. Die darstellungen dieser charaktere reichen
von sinister bis humorvoll, von pompös bis sympathisch. Aber in jeder episode ein neuer
Village-leiter, das war ein geniestreich, und daneben bedeutete
dies auch: ein gaststar pro woche.
Die haupt-"nebendarsteller" in NUMMER 6 sind, natürlich,
der Butler und der Supervisor.
Die nebendarsteller sind die farbtupfer
in den geschichten und verhindern die fixierung auf lediglich den
hauptstrang der erzählung über Nummer Sechs, die lage
des mysteriösen Orts oder die frage, wie er daraus entkommen
könnte.
Die statisten lassen auch erahnen, dass sie selbst einmal so
waren wie Nummer Sechs. Sie sind eine ständige mahnung daran,
dass er vielleicht wird aufgeben und für sehr lange zeit im Ort bleiben müssen.
Das 60er-jahre action-abenteuerformat bildet den hauptaspekt von NUMMER 6.
Der begriff "globales dorf" signalisiert, dass der planet mittels
technologie zusammenschrumpft, entfernungen durch kommunikationsmittel
und schnelles reisen unbedeutend werden. Der Ort aus NUMMER
6 liegt potenziell überall auf der Erde und ist ein gesellschaftlicher
mikrokosmos als ganzes.
Der visuelle erfolg der serie verdankt sich wesentlich den bauten
und zeichen ebenso wie der aufmerksamkeit für kleinigkeiten.
Das emblem des Ortes, das hochrad, erscheint auf einer packung
mit nähnadeln, auf konservendosen oder mineralwasserflaschen,
auf fahrzeugen, ansteckern und briefpapier. Das hochrad - the Pennyfarthing - mit seiner ungewöhnlichen
markisenbedachung, ist das hervorstechende symbol von NUMMER
6.
Was surrealismus betrifft, braucht man nicht weiter zu suchen als in einem kreis
sitzende männer mit sonnenbrillen bei der anbetung einer pulsierenden
weißen kugel.
McGoohan hat NUMMER 6 als allegorie bezeichnet. Sie erscheint
als simple erzählung, die jedoch eine größere geschichte
vorstellt, häufig religiöser art oder über das leben
an sich. Vielleicht hat McGoohan den begriff allegorie auch zum
teil mit autobiografie vermengt, weil so viele einzelheiten seines
eigenen lebens in den episoden vorkommen. Schwer auszumachen innerhalb der episoden ist der
soziale oder satirische kommentar, aber es gibt bemerkungen von
McGoohan in zeitgenössischen interviews. Er bezog sich auf
kriegsgefangene, regierungen mit zu großer macht, technologie,
die zu schnell voranschreitet, fortschritt, der sich zu schnell
ins soziale leben und in die erziehung ausbreitet.
Es ist schon oft bemerkt worden, dass die in NUMMER 6 zu
sehenden technischen vorrichtungen und das mobiliar der standard
von heute sind.
Nummer Sechs gibt sich mit seinem weiß gesäumten blazer
nicht zufrieden. Er trägt eine reihe weiterer kleidungsstücke
in den episoden. Im Ort gibt es ansonsten keine eindeutige
uniform, was einfluss hat auf den stil der serie.
Die hohe schauspielerische qualität unterscheidet NUMMER
6 von anderen "transatlantischen" versionen von action-abenteuershows
der 60er jahre. Die namen der gaststars zu beginn jeder episode bedeuteten einen
zusätzlichen anreiz, sich die serie anzusehen. |