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VILLAGE STORY BOOK |
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The Prisoner Nummer 6
Serien
gehören zum bodensatz des fernsehens, omnipräsent und so unendlich
wie das medium selbst. Die wenigsten kratzen auch nur an der unterseite
unserer aufmerksamkeitsschwelle. Fantastisches
fernsehen BLICK: Die aktivitäten von Nr6DE, videos und bilder von den fahrten zu den PRISONER-conventions oder unseren treffen, werden nicht nach neumodischer sitte "geteilt". Einblick erhält, wer nicht bloß "liked", sondern sich wirklich dafür interessiert. All die können gern zu uns stoßen und eine DVD bekommen.
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Von Arno BaumgärtelDR. BRINKMANN TRIFFT NUMMER 6
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Die reise zur PRISONER-convention 1991 begann im biergarten. Aber lieber der reihe nach.
Ein wohngemeinschaftsausflug etwa 1990 führte ins Glottertal im Schwarzwald und dort zur damaligen kultstätte des ZDF-fernsehbürgertums, der SCHWARZWALDKLINIK. Jenes ZDF, das 1969 NUMMER 6 ins deutsche fernsehen gebracht hatte. Und während der männliche teil der reisegruppe es vorzog, der vorgefassten meinung über diese serie nachzugeben und sich auf halbem weg in einem café niederließ, machten sich die damen auf den rest des weges, um mehr oder weniger unverrichteter dinge wieder zurück zu kehren. Der drehschauplatz der außenaufnahmen beschränkte sich nämlich auf die fassade einer real existierenden reha-klinik, wenn auch in landschaftlich reizvoller umgebung. Die hauptfigur der serie, Dr. Brinkmann, operierte nur im fernsehstudio; ein hinweisschild informierte darüber. So viel zu den schauwerten.
WERTVOLLE QUELLE |
Mitte der 80er jahre des 20. jahrhunderts brachte das neue kabelfernsehen neben musikvideos während der nachtstunden den zugang zu programmen, die man als jugendlicher gesehen hatte. So zeigte das damalige Pro7 im frühjahr 1989 alle 13 episoden von NUMMER 6, wiederholungen liefen praktischerweise am frühen morgen meist ohne werbeunterbrechung, ideal für videoaufzeichnungen. Nicht zu vergessen, seit der wiederholung im ZDF 1972 hatte ich NUMMER 6 nie wieder gesehen. Die ursprünge der hiesigen website gehen auf diese zeit, 1989 bzw. 1990, zurück. Der ehrgeiz, neuland zu entdecken, war endgültig erwacht, nachdem die vier vom ZDF nicht synchronisierten episoden beschafft worden waren und amerikanische literatur den hinweis auf den drehort - Portmeirion in Wales - geliefert hatte. Die idee, dorthin zu fahren, setzte sich im kopf fest.
In einer zeit ohne internet und etwa maps.google musste man sich mittels karten und reiseführern schlau machen. Der kontakt mit SIX OF ONE, nachdem man mitglied geworden war, erfolgte per briefpost. Sogenannte "internationale antwortscheine", die einen gewissen geldwert hatten, fungierten als eine art zahlungsmittel zur begleichung der portokosten. Die organisatoren hatten den anmeldeformularen eine liste mit übernachtungsmöglichkeiten in der näheren umgebung von Portmeirion beigelegt, für die conventionteilnehmer, die nicht ins Village konnten oder wollten. Auf uns traf beides zu. Bei einer der adressen waren wir erfolgreich. Auf dem "Porthill", mitten in Porthmadog, fanden wir ein B&B-quartier. Und da wir mit dem auto nach Wales wollten, buchten wir die fähre über den Ärmelkanal in einem reisebüro.
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Der jahreszeit entsprechend verbrachten wir den nachmittag des abreisetags im biergarten, wohingegen die nacht der abfahrt von wenig erholsamem schlaf auf der autorückbank geprägt war. Dazu verursachte die kupplung ein lautes schleifgeräusch, das sich nur durch dauerndes anheben des pedals und auf kosten eines krampfes im linken fuß mildern ließ. Aufgewacht aus dem dämmerschlaf während der fahrt nach Dünkirchen plötzlich ein stopp hinter einer autoschlange. Warum die wohl alle vor einer roten ampel standen? Es war aber nicht etwa der schlagbaum an der grenze von Belgien nach Frankreich, sondern nur ein parkstreifen neben der fahrbahn, auf den wir irgendwie geraten waren. Das teuer erkaufte fährticket ins englische Ramsgate wollte zur nachtschlafenden zeit niemand sehen. Die überfahrt verlief unspektakulär, nur wenig betrieb auf dem schiff, von dem wir wegen der frischluft nur den aufenthaltsraum auf dem oberdeck sahen. Kurz vor erreichen der englischen südküste wurde es hell. Und entgegen unserer erwartung an die noch relativ neue "grenzenlose" reisefreiheit in der damaligen Europäischen Gemeinschaft, verlangte der britische zoll doch nach papieren, das nachbarfahrzeug wurde sogar durchsucht. Außerdem bestand man darauf, den grund und das ziel unseres besuchs zu erfahren. Na, wenn die PRISONER-convention kein guter grund ist. "And we've made a reservation" - alles klar. Kaum vom schiff herunter lautete die aufforderung meines damaligen mitbewohners: "Fahr du jetzt."
"Drive left! - Look right!" Das allererste mal in England und im linksverkehr. Im gewohnten fahrzeug sitzend, wenn auch ungewohnt weit links (nebenbei: ein rechtsgelenktes fahrzeug auf deutschen straßen hat auch seinen reiz), stellte das aber kein problem dar. Man tut, was alle anderen auch tun: links fahren. Der einzige faux pas in dieser hinsicht ist mir erst einige zeit später passiert, als ich nach dem essen in einem ländlichen pub und bei dunkelheit mir nichts, dir nichts auf die rechte fahrbahn der einsamen landstraße einbog. Nochmal gut gegangen... Als fußgänger lebt man dagegen ungleich riskanter. Weil von kindesbeinen an konditioniert, blickt man beim überqueren der straße dem am bordstein aufgemalten hinweis "Look right!" zum trotz automatisch zuerst nach links und dann nach rechts. Das kann wirklich schief gehen.
Portmeirion war nicht unser erstes und alleiniges ziel. Wenn schon in Großbritannien, wollten wir auf der fahrt nach Wales etwas mehr sehen. Der wirt eines pubs am ort unserer ersten übernachtung hatte uns als lohnendes ziel das National Motor Museum in Beaulieu, in der nähe von Southampton empfohlen (Beaulieu Palace House: abb. mitte). Und so ging es zunächst für zwei, drei tage in den "New Forest", der ein naturschutzgebiet ist, das letzte unerschlossen gebliebene waldgebiet mit heide. Pferde, schafe und rinder laufen dort frei herum. Und orte gibt es, die "Nomansland" heißen. Danach aus dem "Niemandsland" über die Severn Bridge in den ort von "Everyman" - "Jedermann", der name von Patrick McGoohans produktionsfirma, auf landstraßen durch Wales und zunächst in richtung Porthmadog, wo uns ein zimmer mit freiem blick auf den hafen und den Ffestiniog-bahnhof erwartete. Später erfuhren wir, dass unsere gastgeberfamilie aus anlass der PRISONER-convention eigens ihr schlafzimmer geräumt hatte. Die rückfahrt führte uns für zwei tage nach London und natürlich zur adresse "1 Buckingham Place", wohin sonst? Und wie zu ehren von Miss Marple hätte man glauben können, die ansage zur abfahrt des zuges um "16 uhr 50 ab Paddington" zu hören, lag doch die unterkunft in der nähe dieses bahnhofs.
Was für ein gefühl war es nun, an ort und stelle zu stehen, im Ort von Nummer Sechs, den ich so oft im fernsehen gesehen hatte? Euphorie, aufregung? Vermutlich eher ein "Na, hier sind wir jetzt also. Vollbracht." So ungefähr. Alles kleiner als am fernseher. Und trotz der vielen menschen war da ein zauber der ganz eigenen art.
"PRISONER INFORMATION "I DON'T WANNA BE BURIED |
Das convention-wochenende anfang September 1991 brachte temperaturen von um die 30 grad und sonnenschein pur.
Die leute hielten sich draußen auf, sie lagerten auf dem rasen, auf treppenstufen, saßen auf der brüstung der Bristol Kolonnade oder am Battery Square. Es mögen zwischen 1000 und 1500 besucher gewesen sein, wenn nicht mehr, die nur wegen der serie gekommen waren, aus heutiger sicht der wahnsinn. Wie viele normale tagesbesucher im Ort waren, unmöglich zu sagen.
Ein besuch im PRISONER Information Centre, sehr verlockend. Dort wurde die englische VHS-videoausgabe der serie verkauft. Aber sie war uns zu teuer, bei knapp 3 DM für das britische Pfund, das budget begrenzt. Von wegen bargeldloses bezahlen: Das mittel der wahl waren Reiseschecks. So blieb es bei buttons, postkarten und den soundtrack-CDs. Und obwohl durchaus ein geschäft im sinne des wortes, war Max Horas laden im unterschied zur heutigen verkaufsstelle PRISONER-shop tatsächlich ein informationszentrum, wo man einfach alles rund um NUMMER 6, ähem, THE PRISONER in erfahrung bringen und sich austauschen konnte.
Angesichts der gegebenheiten, des wetters, bei ebbe feinster sand, hätte man auch baden gehen können. Aber die meiste zeit des wochenendes verbrachten wir mit herumsitzen und sahen den menschen und geschehnissen zu. Spaziergänge führten uns an White Horses vorbei bis zum kleinen leuchtturm und durch den "gwyllt", den wald der halbinsel oberhalb der Hercules Hall. Der dortige "friedhof der kuscheltiere", ein hundefriedhof der früheren grundstücksbesitzerin, war eingedenk des songs der Ramones zum gleichnamigen film von 1989 natürlich ein gefundenes fressen. Sicher, da waren auch der wahlkampfumzug und das schachspiel als inszenierung. Dunkel erinnere ich mich an ehrengast Len Harris, der kameramann bei der episode "Harmony" war. Bei dem schönen wetter wurde er im freien interviewt. Von den programmpunkten im saal habe ich außer Steven Ricks' damals frisch vorgestellter videodokumentation "The Prisoner Investigated" fast nichts mitbekommen, dafür war die atmosphäre draußen zu schön. Die abende waren wir zurück in Porthmadog. Unseren pub hatten wir mit dem "Y Llong" - "The Ship" - gefunden; nach leerstand heute wieder unter dem namen in betrieb. Und nur kurz war der besuch auf der abschließenden "Dreamy Party" am Sonntag. Den abend beschlossen wir fußläufig zur unterkunft bei englischem "Bitter" in besagtem pub. Nicht alles ist NUMMER 6.
1991 AUF FREIEM FUSS |
2011 - rückkehr ins Village. Eine stippvisite im Ort während eines erneuten Wales-aufenthalts 1996 fand bei nieselregen und mit nur wenig NUMMER 6 statt. Gefühlt war ich jedes jahr dabei, vor allem seitdem ich mit dem britischen organisationsteam im kontakt stand wie auch durch die bekanntschaft mit convention-fahrern aus Deutschland. Fast auf den tag 20 jahre später, und "erst" die zweite PRISONER-Convention: Es schien nicht nur alles, es war vertraut. Die wenigen und relativ kurzen aufenthalte haben das bild des Villages und seine topografie eingebrannt, sodass man aus dem schlaf sagen kann, was wo ist und wie es heißt.
Die farben frischer als auf den alten fotos, hier und da geländer, wo damals keine waren, dafür mancher sandstein bedenklich bröselig. Sonst alles, wie man es kennt. Das wetter am convention-wochenende, jetzt anfang April - eine parallelität der ereignisse: blendend, mit temperaturen um 25 grad, im höchsten maß also WELL-COME! Es konnte nicht besser sein. Entscheidender unterschied zu 1991: Diesmal war die unterkunft direkt im Village, der ausblick von der Battery-terrasse sensationell. Ein solcher aufenthalt lohnt schon deshalb, um die "randzeiten" so richtig wahrzunehmen, wenn die tagesbesucher gegangen und die wege und plätze weitgehend leer sind; die nur vom möwengeschrei unterbrochene stille, oder bei dunkelheit und laternenschein durch den ort zu gehen. Einzig die pfauenschreie hört man heutzutage nicht mehr. Möglicherweise wurden die tiere vergiftet. Neue wurden jedenfalls nicht wieder angeschafft.
Ohne zweifel, die PRISONER-Convention am originalschauplatz ist eine attraktion. Gleichwohl haben die besucherzahlen über die jahrzehnte nachgelassen. Wo früher tausend oder mehr kamen, ist man heute froh über ein paar hundert. Menschen werden älter, haben weniger zeit übrig, interessen verschieben sich. Und im unterschied zu den 70er jahren des 20. jahrhunderts macht die allzeitige verfügbarkeit der serie heutzutage, vom kaufvideo bis hin zu den "sozialen" medien, die körperliche und oft genug auch kostenträchtige anwesenheit bei einer convention zu einem bestimmten grad überflüssig. Was bleibt, ist für neulinge einerseits der reiz an der entdeckung als solcher, für altgediente andererseits die freude auf das wiedersehen mit freunden an einem sehr reizvollen ort. Und das ist nicht wenig!
NEU SEIT 2016: PERMANENTES SCHACHFELD
Inzwischen, nach einigen weiteren convention-besuchen, ist vieles routine geworden. Manch einer fährt schon seit jahrzehnten regelmäßig dorthin. Beinahe könnte man selbst den reiseleiter spielen. Portmeirion bleibt etwas besonderes, auch heute noch, mit all dem hintergrundwissen, und auch ohne NUMMER 6. Aber NUMMER 6 macht den Ort erst besonders. Anders als Dr. Brinkmann das Glottertal.
BLICK: NUMMER 6 - PRISONER CONVENTION
BLICK: BILDER AUS WALES- REISENOTIZEN
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1969: DEUTSCHE TV-PREMIERE VON NUMMER 6
2019: 50 JAHRE NUMMER 6