McGoohan spricht zu einer weiblichen stimme hinter der kamera [anm.: mutmaßlich eine seiner töchter] und ist selbst ständig im bild zu sehen. Er trägt einen bart und ein am kragen offenes blaues hemd und präsentiert seine antworten jeweils im "frage-und-antwort"-stil. Im unterschied zu den themen ist die kameraeinstellung schlicht geradeaus. Der film
steht vor dem hintergrund der 1983 für Channel 4 entstandenen dokumentation mit dem titel Six Into One: The PRISONER File, in der es ebenfalls ein interview mit McGoohan wie auch mit einigen schauspielern und mitgliedern des produktionsteams gibt. Allerdings war der kalifornische bürger darüber besorgt, dass manch einer credits erhalten würde für ideen, seinen einsatz und seine beteiligung, die ihm nicht zustünden. Er entschloss sich also, sein eigenes ding zu drehen und bot es zur verwendung in der dokumentation an. Leider jedoch hatten die produzenten ein zeitlimit, und das material konnte nicht mehr rechtzeitig bearbeitet werden.
Für den ergänzenden kurzfilm (knapp sieben minuten) verwendete Patrick McGoohan musik, die aus urheberrechtlichen gründen [anm.: in der neuausgabe] entfallen musste. Es wurde jedoch eine passende leichte instrumentale hintergrundmusik für den von McGoohan mit einem gitarrenpart unterlegten interviewteil benutzt.
AUS DEM ENGLISCHEN VON ARNO BAUMGÄRTEL |
Die einstündige dokumentation [anm.: The PRISONER File] wurde anfang 1984 im anschluss an die erste flächendeckende wiederholung der serie gegen mitternacht gesendet. Zuvor hatte es ITV-sendungen nur im regionalen fernsehen Großbritanniens gegeben. Ironischerweise folgte auf die ansage am ende der sendung eine anweisung, das band, das gerade erst aus LA eingetroffen war, abzuspielen, das auf diese weise zu seinem titel kam. Beim fernsehpublikum wäre das normalerweise einfach untergegangen. Die dokumentation wurde auch nie wiederholt oder auf video herausgebracht. So blieb McGoohans film ebenso wie die dokumentation der öffentlichkeit unbekannt, abgesehen von den paar nachteulen, die letztere vor 30 jahren auf einem gerade ins leben gerufenen spartenkanal sehen konnten.
ERHÄLTLICH BEI ESCAPE |
Der darsteller enthüllt, dass er schon 1959 auf die idee zu NUMMER 6 gekommen war bei dreharbeiten in Portmeirion für die halbstündigen schwarzweiß-episoden von DANGER MAN ("Geheimauftrag für John Drake"). Er erinnert sich, wie sehr ihn der "Ort wie aus einem traum erstaunt" habe und er dachte, dass "Portmeirion einen wunderbaren Ort für einen Film abgeben" würde. Die hauptfigur wäre dort eingesperrt und hätte "mit unfairer bürokratie" zu schaffen, während gleichzeitig die architektur des ortes so unterschiedlich war, dass das fernsehpublikum nicht wüsste, wo es war. McGoohans vorstellung war die von einem ort, wo menschen "mit Zugang zu sehr wichtigen Informationen von nationaler Bedeutung" festgehalten würden, wissenschaftler, hohe regierungsangestellte oder auch geheimagenten.
McGoohan erklärt, wie er auf das Pennyfarthing-hochrademblem kam, dieses antiquierte fahrrad als "ironisches symbol des fortschritts, denn... wir bewegen uns zu schnell, haben keine zeit, uns anzupassen, wie es eigentlich nötig wäre. Es hatte aber auch eine gewisse eleganz an sich." Des weiteren erinnert er sich an den ursprung des weißen ballons und wie sie sich einen vorrat an wetterballons samt sauerstoff- und heliumflaschen anschaffen mussten, um den furchteinflößenden wachhund des ortes zu erschaffen.
|
"Die Ankunft" beschreibt er, sei "das beste skript für eine pilotepisode, das ich jemals gelesen hatte", ein "amalgam von ideen und themen, die wir in der serie ansprechen wollten." Über "Pas de deux", die vorletzte episode, sagt McGoohan, sie sei "eine meiner favoriten. Ein bisschen autobiografisch, und es ist immer ganz nett, solche sachen aus dem system rauszuholen." Er erinnert sich auch an den aufschrei beim serienfinale, als die zuschauer antworten auf ihre fragen verlangten. Obwohl er damals Großbritannien verließ, erläutert er nun, viele jahre später, "es war eine allegorie, eine geschichte, in der leute, orte und geschehnisse einer verborgenen botschaft stecken. Es gibt symbolismus... Nummer Eins war das allmächtige b öse." Doch McGoohan fügt, aus gutem grund, hinzu: "Mit der letzten episode hört es nicht auf. Alle dachten, sie [Anm.: die drei Figuren Nummer Sechs, die ehemalige Nummer Zwei und Nummer 48] wären entkommen..., das haus wäre dasselbe wie am anfang, das auto wie versprochen draußen geparkt. Die tür öffnete sich mit einem eigenen klang, derselbe wie im Ort, dasselbe summen. Wir sind niemals entkommen."
CHRIS RODLEY: DAS EISBERG-SYNDROM
DAVE BARRIE ÜBER RODLEYS IN MY MIND
DAS TROYER-INTERVIEW MIT PATRICK McGOOHAN
DAVE BARRIE: SEVEN FROM SIX
MEHR: PORTMEIRION
MEHR: WER IST NUMMER EINS?
Und ohne reue stellt McGoohan fest: "Man muss fantasie haben. Alles andere erfährt man aus den zeitungsschlagzeilen." Wie um seinen standpunkt zu betonen, fügt er am ende ein rätselhaftes bild mit sich selbst als darsteller ein, in dem er mit einem spazierstock am kalifornischen strand entlang gehend zu sehen ist. Unter einem pier findet er kleiderbügel aus draht, dann erscheint er in einem durchsichtigen außenlift an der wand eines hochhauses. Klar und deutlich zählt er die vorbeifahrenden stockwerke ab, von sechs hinunter bis eins. Als nächstes überquert er einen fußgängersteg und der Beatles-song "Come Together" ist zu hören. Plötzlich ist er da verschwunden und wieder zurück am strand, auf einem campinghocker sitzend, seine schuhe vom wasser umspült. Mit dem stock zeichnet er kleiderbügel in den sand, wobei die kritzeleien aber mit jeder welle wieder ausgelöscht werden. Auf einmal schreitet er ins meer und sagt dabei: "Ich habe jede minute davon genossen. Wir sehen uns!" Das bild mit der gestalt im wasser verschmilzt mit aufnahmen aus NUMMER 6, wo er die arme in die luft reckt. Die implizite botschaft hier: Beide sind ein und dieselbe person.
OBEN: THE LA TAPE
UNTEN: AUS DER VORSPANNSEQUNENZ
McGoohans film ohne titel entstand 17 Jahre nach den dreharbeiten von 1966 und mehr als doppelt so viel zeit ist inzwischen vergangen, seit das sogenannte "LA Tape" nicht mehr gesendet wurde. Und doch, je näher die 50-jährige fernsehpremiere von NUMMER 6 rückt, so bleibt dieser selbst geschaffene film die einzige gelegenheit, in der er sich ausführlich über seine bahnbrechende fernsehserie äußert.
Hierbei handelt es sich um den begleittext zum erscheinen des interviews auf DVD, die bei Escape bestellt werden kann.
Roger Langley schreibt dazu: "Nach der freundlichen genehmigung durch die familie des schauspielers zur veröffentlichung wurde eine digitale kopie vom videoband hergestellt. Die DVD umfasst die beiden PRISONER-basierten, von McGoohan hergestellten persönlichen filme, die bis dato nie verfügbar waren, alles in allem eine gute stunde material zusammen mit hinzugefügten titeln und einem transkript des interviews als PDF-datei. Der kürzere der beiden filme entstand am strand nahe seiner wohnung mit einer art jagd nach geheimnisvollen dingen. Die bildqualität entspricht der 33 jahre alten videokopie, doch die seltenheit des inhalts rechtfertigt diese einzigartige präsentation." Das interview ist urheberrechtlich geschützt © Patrick McGoohan estate, DVD-herstellung und transkript von Roger and Karen Langley, 2016.
|