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DER POSTMODERNE PRISONER

VON M. KEITH BOOKER

Wenn es nun möglich ist, einen gelehrten wie Foucault und eine fernsehserie wie THE PRISONER aufgrund ihres gleichzeitigen erscheinens in den 60er jahren miteinander zu verknüpfen, kann man zwischen ihnen eine beziehung herstellen als parallelphänomene in der entstehung der Postmoderne.

   

Nachdem 1964 die TWILIGHT ZONE eingestellt worden war, entwickelte sich zwischen einer reihe verschiedener serien ein gerangel um das vermächtnis des amerikanischen fernsehens. Mit am erfolgreichsten war THE OUTER LIMITS, die eigentlich schon 1963, während die TWILIGHT ZONE noch gesendet wurde, premiere hatte und bis 1965 lief. Gelegentlich gelang THE OUTER LIMITS wahrer schrecken und spannung, doch gingen ihr die

AUS DEM ENGLISCHEN VON ARNO BAUMGÄRTEL
EDITORISCHER
HINWEIS

vielseitigkeit und nachdenklichkeit der TWILIGHT ZONE ab. Im grunde ging es darin immer um invasionen von üblicherweise bösen, angstmachenden und unaussprechlich andersartigen außerirdischen. Auf diese weise hatte sie mehr gemein mit den "invasion-aus-dem-all"-filmen der 50er jahre als mit der TWILIGHT ZONE. Sie war die antwort auf viele ängste aus der zeit des Kalten Krieges, tat jedoch verhältnismäßig wenig, um jene kognitive verfremdung hervorzurufen, die das publikum vielleicht zu neuen und anderen sichtweisen über den Kalten Krieg hätte bringen können.

KOGNITIVE VERFREMDUNG

Die science-fiction-serie der 1960er jahre war STAR TREK (in Deutschland 1972 RAUMSCHIFF ENTERPRISE). Zwischen 1966 und 1969 brachte sie es nur auf drei staffeln, die serie würde jedoch bis zum ende des 20. jahrhunderts zum unauslöschlichen teil der amerikanischen populären kultur werden und eine ganze industrie von merchandisingartikeln, sequels und ablegern nach sich ziehen. STAR TREK war bemerkenswert aufgrund ihres relativ optimistischen tons und der annahme, dass wissenschaftlicher und technischer fortschritt für die menschheit letztlich auch zu einem bessern leben führen würden. STAR TREK stand auch für liberale politik und das eintreten für internationale zusammenarbeit ohne rassenschranken.

NUMMER 6 ALS DISKURS
KEVIN P. MAHONEY: DER ANARCHISCHE PRISONER

ROBERT FAIRCLOUGH: POP UND POLITIK
MOOR LARKIN: ICH BIN EIN BERLINER
ZIAUDDIN SARDAR: DIE POSTMODERNE UND DAS ANDERE
DER ORT: MENTALE MANIFESTATION?
CAROLINE FUCHS: REALITY AND SIMULATION IN...
MEHR: IMMER NOCH NUMMER 6?
MEHR: KALTER KRIEG
MEHR: PRISONERESK

Spock zum beispiel, kreuzung eines menschen und Vulkaniers, wurde zur beliebtesten figur der serie und unterlief somit radikal die in THE OUTER LIMITS und anderen konventionellen paranoischen Kalter-Kriegs- und invasionsgeschichten vorherrschende strikte trennung in menschlich und alien. Allerdings war STAR TREK seiner eigenschaft nach nicht anderes fernsehen, und zwar weil es wenig in der art verstörender entfremdung bewirkte, die tatsächlich zur neubewertung vorhandener ideen führen könnte. In sich selbst war STAR TREK nicht ausgesprochen postmodern: Nicht nur wurden echte historische veränderungen in die zukunft projiziert, jede episode wurde auch von einer relativ kohärenten erzählung bestimmt, nach der es für definierte probleme jederzeit eine klare lösung gab.

IN DEUTSCHLAND AB 1961: UNWAHRSCHEINLICHE GESCHICHTEN

Die erste serie, der nach der TWILIGHT ZONE wirkliche kognitive verfremdung gelang, war vermutlich , die britische fernsehserie aus den späten 60ern. Sie wurde bei amerikanischen und britischen zuschauern zum kultfavoriten. Die ausgangsprämisse dieser postmodernen echten kreuzung aus science-fiction und spionagedrama wird in der ersten episode angelegt. Der namenlose protagonist (gespielt von Patrick McGoohan) findet sich plötzlich in ein seltsames surreales dorf verschleppt und im würgegriff von mächtigen kräften gefangen, die er weder verstehen noch überwinden kann. Und als er zum insider der machtelite geworden ist, findet er sich in genau der zwickmühle wieder wie der große rest der bevölkerung des kapitalistischen westens. Einerseits schienen die gewaltigen und mysteriösen tonangebenden kräfte des Kalten Krieges jenseits jeglicher verständlichkeit oder gar kontrolle für ein individuum zu sein. Andererseits hatte das unaufhaltsame anwachsen der kapitalistischen wirtschaft in den beiden jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg in beispielloser weise nahezu jeden spalt des alltäglichen lebens mit kapitalistischer organisation durchdrungen

"WAS BISHER GESCHAH" - ALTERNATIVE TITELSEQUENZ: PROFIL VON NUMMER SECHS

und zu verstandesraubender reglementierung und langweiliger Weber’schen routine körperlicher und psychischer erfahrungen geführt.
Nummer Sechs aber widersetzt sich den ihn bindenden kräften und erklärt: "Ich lasse mich nicht zwingen, stoßen, abstempeln, einstufen, werten, abwerten oder nummerieren." So wird er zum meister des individualismus’ in einer zeit, die den individualismus zwar vielfach feiert, jedoch bildeten diese freudengesänge lediglich die antwort auf die weitverbreitete angst, dass wahrhaftige individuen eigentlich der vergangenheit angehörten.

Dieser potenzielle widerspruch ist in die serie eingebaut. Die aufsässige weigerung von Nummer Sechs sich zu erklären und anzupassen, lässt sich also entweder als heldenhaft und vorbildlich oder als sinnlos und idiotisch betrachten, je nachdem, welchen standpunkt man einnimmt. Der schlüssel zu der serie war diese unentscheidbarkeit und führte (David) Buxton zu der erklärung, sie sei "zweifellos die rätselhafteste serie aller zeiten." Auf die eine oder andere art war die serie der resonanzboden der widersprüchlichen besorgnisse ihrer zeit.

Nicht zufällig war THE PRISONER in etwa zeitgleich mit der ankunft der kontinentalen [gemeint: europäisches festland; anm.] "theorie" im englischsprachigen westen, besonders einer französischen strukturalistischen und poststrukturalistischen variante. Im grunde fußt die französische theorie auf der posthumanistischen, postindividualistischen annahme, dass das stabile autonome subjekt gemäß der bürgerlichen ideologie ein mythos ist. Individuen werden demnach nicht nur kontrolliert, sondern tatsächlich erst von unpersönlichen kräften, die größer als sie sind, erzeugt (wie etwa "sprache"). Diesen kräften kann ein individuum folglich niemals völlig entkommen oder sich ihnen widersetzen.
Für Amerika kann man die ankunft der französischen theorie auf Oktober 1966 datieren, als an der Johns Hopkins Universität ein symposium mit dem titel "Die Sprachen der Kritik und die Humanwissenschaften" stattfand - das war ein monat nach der premiere von STAR TREK im amerikanischen fernsehen.

STRUKTURALISTISCHE INVASION

Die strukturalistische invasion, die hier ihren ausgang hatte, traf sich mit der phase, als man in Frankreich eher in richtung Poststrukturalismus tendierte. Im leben amerikanischer intellektueller wurden französische gelehrte wie Jacques Derrida und Michel Foucault umgehend zu sehr einflussreichen poststrukturalistischen kräften (mehr...). Die amerikanische literaturkritik war 1970 besonders von Derrida beeinflusst. Auf der suche nach alternativen zur traurigen und immer augenfälliger werdenden beschränktheit des "New Criticism" wandte sich die akademische kritik der dekonstruktion zu. Foucaults eher sozial engagierte ausprägung des Poststrukturalismus gewann letztlich in Amerika an bedeutung und überholte Derrida. Andere französische gelehrte wie Jean-François Lyotard, Guy Debord, Jean Baudrillard, Gilles Deleuze und Felix Guattari steuerten wichtige beiträge zur theorie des Postmodernismus an sich bei.

Debord und Baudrillard hatten ganz entscheidenden anteil an der entwicklung von (Fredric) Jamesons gedanken über die Postmoderne. Mit Jameson teilen aber fast alle diese gelehrten die auffassung, dass ein großartiger globaler historischer prozess (die Aufklärung nämlich) mit dem ende der 1960er jahre seinen abschluss gefunden hatte. Wo Jameson sagt, Postmoderne ereignet sich, wenn die kapitalistische modernisierung zur globalen hegemonie geworden ist, so Debord, dass die "gesellschaft des spektakels" der höhepunkt des historischen kapitalistischen drangs zur verwandlung aller dinge in waren ist. "Das spektakel", so Debord, "ist der augenblick, wenn die ware die 'totale okkupation' des sozialen lebens übernommen hat." Baudrillard ging über Debords wahrnehmung des spektakels hinaus und beschrieb eine durch und durch von simulationen gesättigte hyperreale welt, sodass der gedanke an eine darunter, hinter diesen simulationen liegende realität jede bedeutung verloren habe.

Für Baudrillard repräsentiert diese gesellschaft des simulakrums tatsächlich einen neuen und machtvollen wendepunkt in der menschheitsgeschichte, sodass konventioneller widerstand gegen offizielle macht zwecklos wird. Jedoch stand Debord (zuminest bis in seinen späten lebensabschnitt in den 1990ern) immer für eine marxistische denktradition, nach der es die menschen sind, die für ihre eigenen geschicke sorgen. Die konkurrierenden deutungen über Nummer Sechs’ individualistische rebellion könnte man demnach als gegensatz zwischen Debord (für den so eine rebellion einen sinn ergäbe) und Baudrillard (für den dies nichts als ein weiteres simulakrum wäre) betrachten. Debord und Baudrillard stehen dann praktisch auch für eine "konfrontation zwischen theorien über die Moderne und Postmoderne. Es geht um nichts weniger als die möglichkeit, die realität zu interpretieren und zu verändern" (Steven Best, Douglas Kellner: "Die postmoderne Wende").

Fredric R. Jameson (* 1934 in Cleveland, Ohio) ist ein US-amerikanischer politischer Marxist, Literaturkritiker und -theoretiker. Er ist der William A. Lane Professor an der Duke University. Jameson studierte in München, Berlin und an der Yale University. Er promovierte über Jean-Paul Sartre bei Erich Auerbach.

Jamesons Neo-Marxismus, mit der Betonung auf soziale und historische Totalität, ist stark beeinflusst von der Immanenten Kritik Hegels sowie von den Arbeiten von Georg Lukács, Ernst Bloch, Theodor Adorno, Walter Benjamin, Herbert Marcuse, Sartre und insbesondere Louis Althusser in den marxistischen politischen und literarischen Gedanken. Er ist sehr bekannt als Theoretiker der Postmoderne, als eine Beschreibung der Bedingungen am Ende des 20. Jahrhunderts, obwohl er keineswegs ein "Post-Moderner" ist.
In den 50er-Jahren machte er in den USA den dort bislang unbekannten westlichen undogmatischen Marxismus bekannt und hatte somit Anteil an der Entwicklung der neuen Linken in den Vereinigten Staaten. Jamesons bekannteste Arbeiten sind "The Political Unconscious", "Postmodernism: The Cultural Logic of Late Capitalism", und "Marxism and Form". Er hat Bücher über Politik, Kultur und Literatur veröffentlicht. Quelle:
Wikipedia (auszug), stand: Juli 2011

Fredric Jameson bei Wikipedia englisch - mehr...

Man kann diesen gegensatz auch als zusammenprall zwischen der langen marxistischen tradition des aktivismus und einer wachsenden postmodernistischen tendenz zur stillen verzweiflung - oder einer feier des stillhaltens (3) - beschreiben. Vielleicht erinnert man sich an Jamesons versuche, seine eigene totalisierende sichtweise der Postmoderne von Baudrillards "paranoia-kritischer" abzugrenzen und anderseits von Foucaults "gesamtsystem"-ansatz, wonach widerstand gegen die kerkermacht der modernen kapitalistischen gesellschaft tendenziell dazu führt, gerade diese macht zu stützen und zum "integralen und funktionalen bestandteil der internen strategien des systems" zu werden ("Die Postmoderne"). Es gibt tatsächlich mehrere möglichkeiten, die theorie der Postmoderne als die antithese zum Marxismus zu sehen. Allerdings sollte man in diesem fall vorsichtig sein und zwischen der Postmoderne als historischem ereignis und postmodernistischem theoretisieren über dieses ereignis unterscheiden.

Wie radikal dieses theoretisieren sich manchmal geben mag, steht dahinter doch oft im grunde antimarxistische politische resignation, häufig geführt in den grenzen eines Kalten-Kriegs-diskurses. Klar ist unterdessen, dass sowohl THE PRISONER als auch die ankunft der französischen theorie in amerikanischen akademischen kreisen wesentliche bestandteile einer umfassenderen konstellation von phänomenen waren, die wir üblicherweise als die "60er jahre" bezeichnen.
Diese periode dauerte in den USA in wirklichkeit ungefähr von 1964 bis 1974, als das bürgerrechtsgesetz verabschiedet wurde und die bürgerrechtsbewegung dadurch ihren anfang nahm, bis hin zu Richard Nixons rücktritt vom amt im gefolge der Watergate-affäre und dem daraus folgenden ende der bewegung gegen den Vietnam-krieg. Wenn in den 60er jahren amerikanische kritiker nach alternativen zum New Criticism suchten, dann weil auch die US-hochschulen einerseits vom autoritäten herausfordernden geist beeinflusst waren wie andererseits von der suche nach neuen lösungen für alte probleme. Eine ähnliche atmosphäre herrschte überall in Westeuropa, sogar bis in den sowjetblock hinein. Die junge generation dort schien mehr von bluejeans und rock-n-roll angetan zu sein als vom Marxismus, Leninismus oder aber sonstigen ismen und autoritäten (4).

ANTIAUTORITÄRE GRUNDSTIMMUNG

Vor dieser weitverbreiteten antiautoritären grundstimmung dürfte es wenig überraschen, dass THE PRISONER - vermutlich eines der am offensichtlichsten antiautoritären programme, die es jemals im kommerziellen fernsehen gegeben hat - im September 1967 beim sender ITV sein debüt erlebte, und somit ungefähr halbwegs zwischen der wegweisenden strukturalistischen konferenz an der Hopkins-Universität und den aufständen in Prag, Paris, Chicago im sommer 1968.
THE PRISONER hatte seine US-premiere genau während des explosiven sommers von 1968 - die erste CBS-ausstrahlung fand am 1. Juni statt und somit drei tage vor der ermordung Robert Kennedys in Kalifornien. Die erste französische ausstrahlung endete eine woche vor dem generalstreik am 12. Mai, wo die dortigen demonstrationen zu einer beinahe-revolution führten (5).

Sicherlich, THE PRISONER wurde bestimmt durch McGoohans präsenz und vision, höflich und düster (obwohl auch oft bitter sarkastisch). Er war der star und ausführender produzent; als solches war die serie völlig anders als das karnevalistische "politische theater" der antiautoritären jugendkultur dieser zeit. Darüber hinaus war McGoohans antiautoritarismus libertär geprägt und kam eher von rechts als die vage (und wirklich nur vage) strömung der oppositionellen wortführer vom linken spektrum. Tatsächlich stand THE PRISONER in vielfacher hinsicht konträr zum geist der 60er, wobei es gerade eine elementare strategie des jahrzehnts war, dagegen zu sein. Zum beispiel widersetzte sich die serie dem trend vor allem im amerikanischen fernsehen zu Kalter-Krieg-spionagedramen mit harmlosem antikommunismus, der die westliche propaganda über lange zeit beeinflusste (6). In fernseherien wie THE MAN FROM U.N.C.L.E. (1964-68), I SPY (1965-68) und MISSION: IMPOSSIBLE (1966-73) bekämpften heldenhafte westliche geheimdienstler gewöhnlich aus dem sowjetblock stammende feindselige kräfte. Allerdings hatte schon die frühere serie DANGER MAN (in den USA 1965-66 unter dem titel SECRET AGENT) einen gewissen zynismus an den

"MEIN NAME IST DRAKE - JOHN DRAKE"

tag gelegt und die akteure beider seiten des Kalten Krieges (ausgenommen den von McGoohan gespielten protagonisten John Drake) als gewissenlos und korrupt und dabei gleichzeitig als ineffizient und inkompetent beschrieben (7).

All diese serien verdankten sehr viel der unglaublichen popularität der James-Bond-filme, die 1962 mit DR. NO begonnen hatten und die jetzt, 1967, gerade beim fünften film YOU ONLY LIVE TWICE angekommen waren, alle mit Sean Connery als der weltläufige James Bond aka Agent 007 (8) McGoohans darstellung des eher geschmeidigen Gefangenen erinnert nicht zufällig auf verschiedene weisen an Connerys Bond, unter anderem durch den gälisch gefärbten akzent, der zumindest für amerikanische ohren dem schottischen Connerys ähnlich klang (komischerweise war McGoohan in Queens, New York geboren worden; 9).

Aber THE PRISONER ist nicht Bond. Denn zum einen erscheint Nummer Sechs sexuell völlig enthaltsam und macht nicht den eindruck, als möge er frauen. Zum anderen findet er sich immer wieder in der gewalt von mächten, die viel größer sind als er. Im allgemeinen gelingt es ihm nicht, diese mächte zu überwinden. Schlimmer noch, er ist nicht in der lage zu beurteilen, wer überhaupt seine gegner sind und zerlegt auf diese weise das simple gut-gegen-böse-schema aus den Bond-filmen. Obwohl in mancher hinsicht elegant wie Bond, fehlt Nummer Sechs doch ein persönlicher stil. Von seinen kidnappern wird er normalerweise zum tragen einer leicht clownischen uniformierung gezwungen, die nur betont, wie sehr er keine kontrolle über sein leben hat. Man könnte THE PRISONER nun durchaus für eine starke botschaft des individualismus halten. Zugleich aber fehlt ihm jedoch, anders als in den Bond-filmen oder 60er spionagedramen, die ahnung, dass alle aktuellen probleme sich ganz einfach durch individuelle anstrengungen lösen lassen, wenn nur das jeweilige individuum heldenhaft und lässig genug ist.
THE PRISONER präsentiert dagegen eine welt, in der probleme viel zu komplex sind, um sie auch nur zu begreifen, noch viel weniger sie zu lösen. Wahrscheinlich kam gerade diese unbequeme anmutung bei den meisten zuschauern schlecht an und führte so zum schnellen verschwinden der serie.
Nach Winston Wheeler Dixon, der auf den pessimismus der serie bei gleichzeitigem sehr postmodernen erscheinungsbild verweist, ist die botschaft von THE PRISONER unter dem strich: "Alles ist zusammengebrochen, alles ist nichts, wir leben unter der herrschaft des auges und dem immerwährenden jetzt... Es regiert das schauspiel, charaktere sind nicht gefragt".

SPIONAGEDRAMEN UND KALTER KRIEG

Und doch ist THE PRISONER immer noch eine 60er-jahre-serie, und vieles daran hat sich ebenso gut gehalten wie nach der anfänglichen dekonstruktivistischen welle die französische theorie des Strukturalismus und Poststrukturalismus. THE PRISONER teilt manches thema mit der französischen theorie, wenn man auch anscheinend zu unterschiedlichen schlussfolgerungen kommt. Ihr pessimistischer ton stimmt überein mit einem großteil von Foucaults werk, dessen eigene schillernd politische exzentrische vision ebenso oft einen hang zum libertären aufwies.
Wenn es nun möglich ist, einen gelehrten wie Foucault und eine fernsehserie wie THE PRISONER aufgrund ihres gleichzeitigen erscheinens in den 60er jahren miteinander zu verknüpfen, kann man zwischen ihnen eine beziehung herstellen als parallelphänomene in der entstehung der Postmoderne. Und tatsächlich versteht man die berührungspunkte zwischen der französischen theorie und THE PRISONER am besten, wenn man sie aus postmoderner sicht betrachtet, was andersherum helfen kann, die Postmoderne als solche besser zu verstehen.

"Die Ankunft" ("Arrival"), die erste PRISONER-episode, beginnt mit donnerschlägen. Der protagonist rast in seinem kleinen Lotus sportwagen eine piste entlang. Er kommt nach London, fährt in eine tiefgarage, geht zu fuß durch einen langen tunnel und betritt schließlich ein büro, wo es zu einer (unhörbaren) auseinandersetzung zwischen ihm und einem bürokratisch

aussehenden mann kommt. Wie wir später erfahren, hat er seinen job, vermutlich beim geheimdienst, niedergelegt. Der protagonist fährt nach hause und packt ein paar koffer, als das appartement plötzlich mit einem gas geflutet wird und er das bewusstsein verliert. Er kommt in einem anderen appartement, das zunächst wie sein eigenes aussieht, zu sich. Doch dieses hier befindet sich ganz woanders, wie er mit einem blick aus dem fenster feststellt und einen idyllischen, aber in hohem maße artifiziell aussehenden Ort erblickt, der eben dadurch einen noch düstereren eindruck erweckt.

Tatsächlich hat man den Gefangenen in ein elaboriertes gefängnis gebracht, weil er aus seiner früheren tätigkeit über zu viele sensible kenntnisse verfügt, als dass er nach seinem rücktritt vom dienst frei herumlaufen dürfte. Und während man den zweck seiner gefangennahme nie wirklich erfährt, gibt es doch zahlreiche andeutungen, dass der Ort vom britischen geheimdienst betrieben wird und er dorthin verfrachtet wurde aus angst, er könne mitsamt seinem wissen zur sowjetischen seite überlaufen. Und doch sind die erkenntnistheoretische verwirrung in der serie und das paranoide klima des Kalten Krieges derart, dass nichts davon sicher ist: Bisweilen argwöhnt Nummer Sechs, der Ort werde von der "anderen seite" betrieben und dass er hierher gebracht wurde, damit die Sowjets ihm seine geheimen informationen entreißen können.

Nummer Sechs verbringt den größten teil aus "Die Ankunft" (und insoweit den rest der serie) damit, sich zu orientieren und seinen aufenthaltsort herauszufinden, um dann in die "wirkliche" welt zurückzugelangen. Seine vergeblichen bemühungen, die geografische lage des Ortes zu bestimmen (keine landkarte zeigt den Ort im verhältnis zum rest der welt), können als eine erweiterte allegorie interpretiert werden für die schwierigkeiten, sich in der postmodernen welt erkenntnistheoretisch zurecht zu finden. Im Ort gibt es keinerlei geografische oder kulturelle hinweise auf seine lage. Zahlreiche über die serie verstreute motive wiederum untermauern diese unbestimmtheit. In der episode "Freie Wahl" zum beispiel erhält Nummer Sechs eine assistentin, die eine seltsame wie aus verschiedenen weltsprachen zusammengesetzte sprache spricht, darunter solche mit russischem einschlag. In derselben episode kommt ein gericht auf den tisch, von dem es heißt, es sei "internationale küche". "Französisch?" - die frage von Nummer Sechs, stets auf der suche nach anzeichen für die identiät seiner entführer. "International" - die antwort.

Die außenaufnahmen des Ortes entstanden auf dem anwesen des Hotels Portmeirion an der bucht von Cardigan in Nordwales. Portmeirion ist eine art architekturmuseum, eine ansammlung von

gebäuden unterschiedlicher stile und aus verschiedenen zeitabschnitten. Viele existierten schon an anderer stelle, bevor man sie zerlegte und an die bucht von Cardigan verfrachtete, wo sie auf dem hotelgelände wiedererrichtet wurden. Obwohl bereits in den 1920er jahren eröffnet, ist Portmeirion in vielfacher hinsicht ein idealer ort der Postmoderne. Jameson erwähnt das verschwinden geografischer unterschiede zwischen verschiedenen orten als merkmal der Postmoderne. "In den USA", schreibt Jameson, "existiert heute kein ort mehr oder, genauer, auf viel schwächere weise" ("Die Postmoderne") als früher (10). Portmeirion erinnert auch an Jamesons betrachtungen des Westin Bonaventura Hotels in Los Angeles als in der quintessenz postmoderner ort. Er notiert die verwirrende räumliche ausdehnung des hotels, die zu einer grundlegenden desortientierung führe und es, unter anderem, extrem erschwere, den weg hinein bzw. hinaus zu finden. Die grundkonzeption des Bonaventura macht sowohl ein- wie ausgang tendenziell irrelevant, da das hotel selbst danach strebt, eine "komplette welt, eine art miniaturstadt" ("Die Postmoderne"), zu sein. Für Jameson wird das Bonaventura zu einer neuen art "postmoderner hyperraum", der die möglichkeiten des individuellen menschlichen körpers sich zu lokalisieren, die unmittelbare umgebung wahrnehmungsmäßig zu organisieren und erkenntnismäßig in einer abbildbaren äußeren welt zu positionieren letztendlich transzendiert hat.

Diese kommentare treffen alle direkt auf den Ort aus THE PRISONER zu. Der ist nichts, wenn nicht desorientierend und unlokalisierbar und erhebt ebenfalls den anspruch, eine autarke miniaturwelt zu sein, mit eigenen geschäften, parks, restaurants, verwaltungsgebäuden, telefon, energieversorgung und so weiter, jedoch ohne verbindung zur außenwelt. Auch Jamesons enge assoziation von Postmoderne und konsumgesellschaft findet ihren nachhall im Ort; ein angenehmes hübsches gefängnis und ein mikrokosmos des konsumkapitalismus, der alle bedürfnisse zufriedenstellt, solange man den regeln gehorcht. Christian Durante sagt, THE PRISONER unterminiere die schlichte polarität des Kalten Krieges, indem er uns zeigt, dass "unsere vermeintlich liberalen gesellschaften ... allmählich zu trügerischen, grauen gesellschaften werden, die sich alsbald den riesigen heeren totalitärer staaten anschließen".

Für Durante liegt die vision von THE PRISONER "irgendwo zwischen Swift und Debord", und sicherlich erinnern die verhältnisse im Ort häufig an Debords beschreibung der modernen gesellschaft als "gesellschaft des spektakels". Vielleicht wenig überraschend, dass Debords ausarbeitung dieses themas erstmals 1967 veröffentlicht wurde, dem jahr, in dem THE PRISONER seine fernsehpremiere hatte. Und dennoch scheinen die verhältnisse im Ort, gerade aus der sicht von Nummer Sechs selbst, eher wie von Foucaults texten durchdrungen zu sein als von denen irgendeines anderen französischen poststrukturalistischen gelehrten - oder eines Marxisten wie Jameson. Das mag nicht überraschen. Denn THE PRISONER ist trotz seiner komplexität immer noch sehr im Kalten Krieg verankert und behauptet eine unbestimmt antikommunistische position. Auch wenn diese position mehr in der grundsätzlichen verteidigung des individualismus zu finden ist als im abfeiern des kapitalismus.

ÜBERWACHEN UND STRAFEN

Durch Foucaults eigene bittere anklage der modernen bürgerlichen gesellschaft betrachtet, mag THE PRISONER nicht nur antikommunistisch erscheinen, sondern auch antikapitalistisch. Der Ort wird so zu einem emblem für den vom spätkapitalismus hervorgebrachten und von Foucault beschriebenen gefängnischarakter der gesellschaft. Zum beispiel steht die von den machthabern so genannte hauptfigur "Nummer Sechs" unter permanenter beobachtung. Gelegentlich glaubt er, es gäbe für ihn eine fluchtmöglichkeit, doch das ist angesichts der angenommenen raffinesse und unsichtbarkeit der offiziellen macht vollkommen illusionär. Kritik am kapitalismus, die man in THE PRISONER vielleicht findet, erscheint wie in Foucaults schriften ohne die zugabe einer utopischen (besonders sozialistischen) alternative, was ihre wirksamkeit als politische kritik ernsthaft mindert.

Die meisten einwohner des Ortes glauben dagegen vermutlich wirklich, sie seien bereits in Utopia. Ein bedürfnis nach flucht haben sie nicht. Und sie leben recht zufrieden in den grenzen des Ortes, größtenteils selbstvergessen aufgrund des feinen kontrollsystems, das ihre komplette anpassung an die bedürfnisse der herrschenden des Ortes sicherstellt. Verhaltenskontrolle in modernen bürgerlichen gesellschaften ist

nach Foucault immer unsichtbar, denn dies ist das geheimnis ihrer ungeheuren effektivität. In seinem buch "Überwachen und Strafen" (in Frankreich 1975 erschienen) bewertet Foucault Marx’ geschichte der europäischen gesellschaft neu, indem er zwar die annahme geschichtlicher phasen beibehält, jedoch Marx’ betonung des ökonomischen systems, der art und weise der produktion, ersetzt durch eine "technologie der macht" oder elementare strategien, durch die macht ausgeübt und sichergestellt wird, dass die allgemeinheit der herrschenden offiziellen ideologie folgt.

Foucault schreibt insbesondere, die feudale aristokratie habe ihre macht an den körpern ausgewählter mitglieder der bürgerschaft ausgeübt, häufig in form spektakulärer zuschaustellungen, um die fähigkeit der aristokratie unter beweis zu stellen, dass sie die körper ihrer untergebenen auf leben und tod beherrschte. Foucault verfolgt alsdann techniken der bestrafung ihrer entwicklung nach bis ins moderne bürgerliche zeitalter. Er stellt fest, dass öffentliche folter und exekutionen verschwinden, jedoch nicht etwa, weil humane vorstellungen und gerechtigkeit bei der ausübung von macht sich durchgesetzt hätten. Sondern, im gegenteil, man erkannte eine größere effizienz in der kontrolle der bevölkerung durch "disziplinartechniken", die zum ziel hatten, den gehorsam nun aufgrund psychologischer manipulation "freiwillig" zu machen, auf der basis effektiver ausnutzung weitreichender informationen über die individuen. Wissen ist für Foucault buchstäblich macht. Seine vorstellung der katholischen beichte als vorläufer des informationensammelns, das moderne kerkermächte auszeichnet, erinnert stark an die ständigen befragungen von Nummer Sechs in THE PRISONER.

VERLÄNGERUNG DER MECHANISMEN IN DER GESELLSCHAFT

Fest im griff dieser subtilen und unsichtbaren mächte, glauben die meisten individuen, sie seien frei, während sie sich in wirklichkeit innerhalb sorgsam aufgebauter und gepflegter grenzen bewegen. In der ersten episode zum beispiel schaut Nummer Sechs zu, wie ein großer surrealer weißer ballon (den man später als "Rover" kennen lernen wird) einen anscheinend subversiven mann verfolgt und umschließt. Nummer Sechs lernt, dass seine eigenen fluchtanstrengungen regelmäßig von Rover vereitelt werden, als ob körperliche gewalt auszuüben notwendig wäre, wann immer die psychologische kontrolle versagt. Demnach steht hauptsächlich Rover für den repressiven staatsapparat des Ortes, obwohl bei bedarf auch bewaffnete sicherheitsleute zur verfügung stehen.

In THE PRISONER erweist sich letztlich der psychologische griff der offiziellen macht aber als so stark, dass solche repressiven taktiken nur selten vonnöten sind. Mit anderen worten, die serie ist durchzogen von einer postmodernen denkweise, in der utopische alternativen sich vorzustellen kaum noch gegeben ist. Die starke entsprechung von technologien der offiziellen macht im Ort und die wirkungsweise von macht in der bürgerlichen gesellschaft ist extrem wichtig, denn daraus folgt, dass die verhältnisse im Ort nur die verlängerung der mechanismen in der gesellschaft allgemein sind. Es gibt dafür in der serie einige direkte anzeichen. Anhand einer reihe von fotos verschiedener augenblicke seines lebens beispielsweise, die Nummer Zwei, der hauptverantwortliche befrager und leitende verwalter des Ortes (die identität von Nummer Eins, der obersten autorität, ist ein streng gehütetes geheimnis), Nummer Sechs beim ersten interview zeigt, auch solche, die für ihn völlig privater art waren, lernt Nummer Sechs, dass er sein ganzes leben lang unter beobachtung gestanden hat.
Die enthüllung dieser im Ort praktizierten hi-tech-methoden der überwachung weist darauf hin, dass sie in wirklichkeit schon jahrzehntelang allgemein im gebrauch waren. Die futuristische technologie im PRISONER ist demnach, in bester science-fiction-tradition, viel wichtiger im hinblick darauf, was sie uns über hier und heute sagt als über weit entfernte orte oder zeiten. Meistens geht es um überwachung oder gehirnwäsche, was während des Kalten Krieges zu wachsender besorgnis in der bevölkerung führte. Vieles an der in THE PRISONER gezeigten technologie ist also der widerhall von gerüchten über reale möglichkeiten, zugleich wird man erinnert an geschichten aus dem Kalten Krieg wie John Frankenheimers THE MANCHURIAN CANDIDATE (BOTSCHAFTER DER ANGST), 1962, der paranoiaklassiker der gehirnwäsche.

Auf der anderen seite erlaubt die in THE PRISONER gebotene technologie manchmal einen blick auf spätere entwicklungen. In "A. B. und C." ("A. B. and C.") zum beispiel wird vorweggenommen, was bei William Gibson und anderen autoren der 1980er und 90er jahre "cyberpunk" hieß. "Cyberpunk" science-fiction gilt allgemein als zentrales postmodernes phänomen. Es geht darin im wesentlichen um computersimulationen, die so effektiv sind, dass ihre "virtuelle realität" praktisch ununterscheidbar von der wirklichen welt wird (11). In "A. B. und C." wird von den verantwortlichen im Ort mit hilfe von film, drogen und elektronik eine solche virtuelle realität erschaffen und Nummer Sechs in der hoffnung, er werde aussagen, in einige dieser simulationen versetzt. Nummer Sechs vereitelt jedoch den plan und dreht den spieß um. Er erringt einen seiner raren siege, indem er seinem realen widersacher die simulation vorspiegelt, sodass nun Nummer Zwei als derjenige sich herausstellt, der Nummer Sechs zum rücktritt drängte (12; das ist nicht ganz richtig: Nummer Zwei erscheint als der große unbekannte, dem Nummer Sechs vorgeblich sein wissen anvertrauen wollte; anm.)

In der einzigartigen episode "Harmony" ("Living In Harmony") ist virtuelle realität sogar noch viel stärker der kern der geschichte. Diese episode ist derart seltsam und verstörend, dass CBS sie bei der erstsendung im US-fernsehen wegließ (13). Vermutlich glaubten die zuschauer ursprünglich, sie hätten den falschen kanal eingeschaltet. Die episode beginnt nämlich nicht mit dem protagonisten im Lotus, der nach London fährt, um seine kündigung als geheimagent einzureichen, sondern mit einem mann auf einem pferd, der durch den amerikanischen westen reitet und seinen job als örtlicher Sheriff niederlegt. Allerdings ist McGoohan dieser mann in der rolle des namenlosen lakonischen fremden, wie Clint Eastwood sie ein paar jahre vorher in A FISTFULL OF DOLLARS (1964) perfektioniert hatte. Es handelt sich hier um eine essenziell postmoderne genre-mixtur. Mehr als 40 der 49 minuten laufzeit ist die episode ein authentischer western (zumindest ein postmoderner pastiche eines solchen), wenn auch die handlung auf clevere weise typische motive aus THE PRISONER aufgreift und parallelisiert.

Am schluss stellt sich heraus, dass die westernstadt und alles, was dort geschah, teil einer virtuellen realität war, von den kräften im Ort unter zuhilfenahme von drogen und elektronik inszeniert. Offenbar sollte die virtuelle erfahrung Nummer Sechs unter solchen stress setzen, dass er schließlich zusammenbrechen würde (sogar "getötet" wird er am ende des westernteils). Aber wieder dreht Nummer Sechs den spieß um und gegen seine häscher. Er überlebt psychisch intakt, während die beiden assisstenten von Nummer Zwei bei der ausführung ihres plans durchdrehen und nach der nur allzu überzeugenden simulation tot zurückbleiben.

Wurde in den episoden "A. B. und C." und "Harmony" technologie eingesetzt, um Nummer Sechs’ gehirn zu sondieren und zu manipulieren, so wird in "Der General" ("The General") ähnliches benutzt, um den verstand der gesamten bevölkerung im Ort neu zu polen und so deren gehorsamkeit in die macht zu sichern. Vor allem entdeckt Nummer Sechs in der gleichnamigen episode, dass der "General" ein riesiger supercomputer und der schlüssel zu einer neuen gehirnwäschetechnologie ist (14). Es handelt sich also um bereits kursierende befürchtungen, der sich in den 1960er jahren von sowjetagenten ab- und der antikriegs- und bürgerrechtsbewegung zuwendende amerikanische sicherheitsapparat könnte computer als werkzeug der überwachung und sabotage benutzen. Wichtiger vielleicht noch, die vom "General" durchgeführte gehirnwäsche bei der fernsehenden bevölkerung erfolgt durch ein spezielles, bei der fernsehübertragung mitgesendetes signal. Dieses motiv greift späteren (und im höchsten maße) postmodernen filmen wie David Cronenbergs VIDEODROME (1982) vor. Dort werden düstere, verhaltensverändernde fernsehsignale ausgestrahlt. Aber Nummer Sechs macht einen strich durch diese rechnung und kann den "General" sogar zerstören. Die implikationen dieser episode, die annahme, dass durch die fernsehausstrahlung das fernsehschauen negative folgen hat, sind jedoch beunruhigend, wenn auch ironisch aufgeladen.

Wie viele andere lässt dieses motiv aus THE PRISONER vermuten, dass die verhältnisse im Ort sich nicht so sehr von denen in der welt im allgemeinen unterscheiden. Tatsächlich liegt die wirkliche bedeutung des Ortes innerhalb der serie in seiner ähnlichkeit mit der außenwelt, auch wenn Nummer Sechs hartnäckig versucht gerade dorthin zu gelangen. Und es bestehen berechtigte zweifel, ob die rückkehr dorthin die mühe lohnt.
In der urspünglich als zweite episode gesendeten "Die Glocken von Big Ben" ("The Chimes of Big Ben") löst Nummer Sechs anscheinend das rätsel um die geografische lage des Ortes, als er erfährt, er liege in Litauen [in der deutschen version auf dem Balkan; anm.]. Auf diese weise scheint sich auch die frage nach dem betreiber des Ortes zu klären und auf welcher seite des Kalten Krieges derjenige steht, nämlich auf der sowjetischen. Augenscheinlich gelingt ihm mit hilfe der Estnin [Bulgarin in der deutschen version; anm.; mehr... über die veränderungen in der deutschen synchronfassung] Nadia Rokowski (Nadia Gray), ebenfalls gefangene im Ort, die flucht nach London. Die gesamte flucht erweist sich jedoch als trick, Nadia arbeitet mit hochrangigen britischen angehörigen des geheimdienstes

B. FRANK: "McGOOHAN UND BOND"
WARUM HABEN SIE SICH ZURÜCKGEZOGEN?

zusammen, und als versuch, den Gefangenen zur preisgabe der hintergründe seines rücktritts vom dienst zu verleiten. Obwohl er den plan, an seine geheimnisse zu kommen, durchkreuzen konnte, indem er niemandem vertraute, ist Nummer Sechs am ende ein gefangener im Ort wie zuvor.

Es gibt in der serie einige dieser scheinausbrüche, angefangen mit "Die Ankunft", wo eine offenbar sympathische frau (für gewöhnlich werden frauen benutzt, das vertrauen von Nummer Sechs zu gewinnen, um ihn dann zu verraten) Nummer Sechs eine fluchtmöglichkeit anbietet. Weil sie jedoch die ganze zeit über für den Ort gearbeitet hatte, wird die flucht umgehend von den verantwortlichen vereitelt. Die atmosphäre der paranoia - "vertraue niemandem" - wird auf diese weise in der serie verstärkt, obwohl die in diesen plänen von frauen gespielten zentralen figuren gelegentlich auch einen anflug von frauenfeindlichkeit transportieren. Viele sind ihrerseits opfer. Im fall Nadia ist das aber wohl nicht so. Sie könnte neben ihrer funktion als britische agentin auch beim russischen geheimdienst sein. Womit wiederum der annahme die tür geöffnet wird, der Ort könnte ein gemeinsames sowjetisch-britisches unternehmen sein.

SIMPLE DUALITÄT DES KALTEN KRIEGES

Die ununterscheidbarkeit zwischen UNS und IHNEN und das im von antagonismen geprägten klima des Kalten Krieges ist ein zentrales thema in "Die Glocken von Big Ben". Der naheliegende grund dafür ist erschreckend: Zwischen beiden seiten bestehen, wenn überhaupt, nur kleine unterschiede. Schon früh in der episode sagt Nummer Zwei zu Nummer Sechs: "Beide seiten gleichen sich an. Ein perfektes modell für die weltordnung." Die neue ordnung werde nach ansicht von Nummer Zwei genau der aus dem Ort entsprechen, womit der Ort zum mikrokosmos der äußeren welt wird. Später, als Nummer Sechs und Nadia vermeintlich in London angekommen sind, stellt sich Nummer Sechs die frage, warum er überhaupt zurückgekehrt ist: "Ich habe mein leben und ihres riskiert, um zurückzukehren, weil ich dachte, hier wäre es anders. ... Ist es doch, oder nicht? Ist es hier anders?"

Die heftigkeit des WIR-gegen-SIE-denkens im Kalten Krieg entstand aus dem bedürfnis nach klaren unterscheidungen in einem von wachsender orientierungslosigkeit geprägten postmodernen klima heraus, in dem solche unterscheidungen drohten zusammenzubrechen. Es verwundert wenig, dass postmoderne kulturelle produkte in diesen jahren häufig die simple dualität der logik des Kalten Krieges herausforderten (15). In THE PRISONER brechen diese unterscheidungen ganz gewiss zusammen. Desorientierung in jede richtung ist hier ein zentrales mittel. Nummer Sechs selbst hat immer wieder probleme, zwischen wärtern und mitgefangenen zu unterscheiden.
Bisweilen verschwindet sogar der zentrale antagonismus der serie zwischen dem standhaften individuum Nummer Sechs und den repressiven, unpersönlichen verantwortlichen des Ortes. Nummer Sechs erscheint als aufgeklärter außenseiter. Er ist der offiziellen indoktrination entkommen und praktisch der einzige, der den gefängnischarakter des Ortes durchschaut. Sicher sollen die zuschauer der serie sich mit Nummer Sechs identifizieren. Ein problem war jedoch schon immer, dass die serie nie ein großes publikum erreicht hat, was vermuten lässt, dass diese identifikation (eine wichtige strategie für fernsehserien, um zuschauer zu gewinnen) schon immer problematisch war. Dieser misserfolg liegt vielleicht zum einen teil an ihrem unablässigen pessimismus wie auch daran, dass Nummer Sechs’ fluchtanstrengungen ständig fehlschlagen. Zum anderen daran, dass das publikum, auch wenn es noch so sehr mit Nummer Sechs sympathisiert, gemeinsam mit den häschern versucht, hinter seine geheimnisse zu kommen. Warum nur ist er so wichtig? Was ist es, das wir nicht wissen?

Dass identifikation mit Nummer Sechs schwerfällt, hat vielleicht auch mit der persönlichkeit des Gefangenen zu tun. Der ist, wie von McGoohan gespielt, derart mit dem gedanken an flucht beschäftigt, dass ihm psychologische tiefe so gut wie abgeht. Und sein eigenes verhalten erscheint häufig ebenso unrealistisch und bizarr wie der Ort um ihn herum. Manchmal spricht er emotionslos und monoton wie ein roboter. Wenn er gefühle zeigt, neigt er zu mockierendem sarkasmus, oder er flüchtet sich ins theatralische, mit übertriebenem rollenden "R" und überlautem gestus, der eher auf die theaterbühne als in die reale welt zu gehören scheint. So wird aus Nummer Sechs eher eine art postmoderne simulation des helden als ein wirklicher held selbst.

Doch die emotionale flachheit und das nichtauthentische an der figur Nummer Sechs passen andererseits perfekt zu der umgebung im Ort. Denn solche charaktere sind typisch für die postmoderne kultur, die, wie Jameson schreibt, von "affektschwund" oder emotionsverlust durchzogen ist. Für Jameson ist dies untrennbar verbunden mit einem allgemeinen postmodernen phänomen, nämlich dem verlust des historischen und (noch grundlegender) der desintegration des beständigen individuellen subjekts. Für die Moderne von zentraler bedeutung sind nach Jameson besonders individuelle emotionale erfahrungen wie angst und entfremdung. In der Postmoderne aber werden diese weitgehend unwichtig, wo die "psychische fragmentarisierung" des subjekts eine radikale instabilität bewirkt, sodass es unmöglich wird, solche emotionale erfahrungen zuzulassen" ("Die Postmoderne").

POSTMODERNE ERFAHRUNG

Als metapher für die postmoderne erfahrung psychischer fragmentarisierung bedient sich Jameson auch Jacques Lacans sicht auf die schizophrenie. Das individuelle postmoderne subjekt, so Jameson, ist nicht stabil genug, um längerfristig das gefühl durchgängiger identität zu behaupten und wird auf diese weise unfähig zu kontinuierlicher erfahrung, noch viel weniger, historisches fortschreiten über einen größeren zeitraum zu realisieren. Das postmoderne subjekt hat wie der Lacan’sche schizophrene "nicht unsere wahrnehmung zeitlicher kontinuität ... sondern ist dazu verdammt, für immer ein jetzt zu leben, das mit seiner oder ihrer vergangenheit nur wenig zu tun hat und wo sich kaum eine zukunft am horizont abzeichnet" ("Die Postmoderne und die Konsumgesellschaft").

Diese diagnose Jamesons stimmt überein mit der einer reihe anderer betrachter der Postmoderne, obwohl ihre negative sichtweise der fragmentarisierung des subjekts sich dramatisch von den französischen poststrukturalistischen apologeten wie Gilles Deleuze und Félix Guattari unterscheidet (beide berüchtigte gegner von Lacan, für den klinische schizophrenie ein extrem schmerzhafter und entkräftender zustand ist). In arbeiten wie ihrem "Anti-Ödipus: Kapitalismus und Schizophrenie" (auf französisch 1972 erschienen) beschreiben Deleuze und Guattari die schizophrenie des postmodernen subjekts als eine potenziell befreiende erfahrung, die zu einer positiven neubewertung der kapitalistischen ökonomie im libidinalen, nicht materialistischen sinne führen könnte. In "Das Politische Unbewusste" (1981) würdigt Jameson, Deleuze und Guattaris projekt habe viel mit seinem eigenen gemeinsam, tadelt jedoch ihre glorifizierung der fragmentarisierung, die für ihn ein auf politische schwächung zielender postmoderner angriff auf die totalisierende denkbewegung bedeutet.

Jamesons "totalisierende" Denkbewegung, die aus verschiedensten ästhetischen und intellektuellen Bezügen filigrane Texte hervorbringt, fungiert dabei als Programm und Anti-Programm zugleich: So ist die programmatische Forderung nach einer Reflexion der historischen Totalität in einen dialektischen Schreibstil eingelassen, der weder für Schulbildung und Epigonentum noch für den Werküberblick eine leichte Aufgabe darstellt.

Johannes Angermüller (2006): "Fredric Jameson: Marxistische Kulturtheorie". In: Stephan Moebius, Dirk Quadflieg (Hrsg.), Kultur. Theorien der Gegenwart, UVK: Konstanz, S. 297-308.

In seinem Buch "Das politische Unbewußte. Literatur als Symbol sozialen Handelns" geht es Jameson, der einerseits in der Tradition des Hegel'schen Marxismus Lukács'scher Prägung steht, andererseits von Louis Althussers strukturalistischer Lesart beeinflußt ist, um eine systematische Erneuerung des Marxismus. Ziel ist die Bewahrung einer sozialistischen Geschichtsutopie, ohne dabei die poststrukturalistische Auffassung von der Textualität der Wirklichkeit zu verwerfen. Als Anknüpfungspunkt zum Poststrukturalismus bietet Jameson die psychoanalytische Theorie Jacques Lacans mit ihrer Unterscheidung zwischen dem Realen und dem Symbolischen. Das Reale erleben wir niemals unmittelbar, sondern immer bereits als durch das Symbolische strukturiert. Auf die Totalität der Geschichte übertragen heißt das für Jameson, Geschichte als "abwesende Ursache" zu deuten. Nur in textualisierter Form ist ein Zugang möglich. Da die Wahrnehmung der Wirklichkeit jedoch stets eine kollektive, vom Diskurs der Klassen geprägte Deutung darstellt, sind Textualisierungen stets ideologisch geformt. Das politische Unbewußte, die Spuren der Klassendiskurse, an der Oberfläche der Texte sichtbar zu machen, ist laut Jameson nur möglich, wenn der Marxismus als "absoluter Bezugshorizont" der Interpretation begriffen wird.
Jameson versteht seine Theorie als Metakommentar, der andere Interpretationsmethoden historisiert und unter das eigene System subsumiert. Das ist deshalb möglich, weil der Marxismus einen »nichttranszendierbaren Horizont« darstellt, eine Totalität, an der Jameson im Gegensatz zu den Vertretern des Poststrukturalismus festhält. Das utopische und emanzipatorische Moment von Jamesons Theorie des Politischen Unbewußten liegt in seinem Verständnis von Literatur als Symbol sozialen Handelns. Indem sie die gesellschaftlichen Widersprüche artikuliert, wird Literatur zum ort des kulturellen Widerstands.

"Diskurstheoretische Ansätze" http://www.litde.com/verfahren-der-textanalyse/sozialgeschichtliche-zugnge/diskurstheoretische-anstze.php

Die schizophrene instabilität individueller identität, für Jameson die überragende postmoderne erfahrung, ist das explizite thema der PRISONER-episode "Der Doppelgänger" ("The Schizoid Man"). Ein agent (Nummer 12) wird von außerhalb in den Ort gebracht. Er sieht genau so aus wie Nummer Sechs und wurde bedachtsam darauf trainiert, ebenso wie dieser zu sprechen und sich wie dieser zu verhalten. In der tat, er ist sogar mehr wie Nummer Sechs als Nummer Sechs selbst. Denn der wurde in der zwischenzeit darauf konditioniert, in mancher hinsicht anders zu sein als er selbst. So ist er nun etwa links- statt rechtshänder. All das gehört zum plan der verantwortlichen unter der leitung von Nummer Zwei, Nummer Sechs glauben zu machen, er sei in wirklichkeit Nummer 12 und Nummer 12 sei Nummer Sechs.

Mit hilfe von Alison (Jane Merrow), noch eine frau mit dem auftrag, sich das vertrauen von Nummer Sechs erwerben, um ihn dann zu verraten, gelingt es Nummer Zwei beinahe, Nummer Sechs davon zu überzeugen, dass er nicht derjenige ist, für den er sich hält. Als zuschauer verfolgt man, wie Nummer Sechs’ vertrauen in seine eigene identität nach und nach zerfällt, ein schrecklicher prozess, der Deleuze und Guattaris vision einer schizophrenen befreiung nicht gerade förderlich ist. Eine ganz besondere ironie liegt allerdings darin, wie sehr der Gefangene die zahl 6 als merkmal seiner identität begreift, etwas, das er in früheren episoden rundwegs von sich gewiesen hatte. Am ende dreht Nummer Sechs den spieß wieder um und gegen Nummer 12, der daraufhin von Rover, der die beiden verwechselt, getötet wird. Nummer Sechs nimmt die identität von Nummer 12 an und kann mit hilfe dieses tricks um ein haar aus dem Ort entkommen. Nur ein verräterisches detail bringt ihn schließlich, wie gewohnt, zum ausgangsort zurück.
Das hauptgewicht dieser episode liegt jedenfalls in der annahme, dass die individuelle persönlichkeit nicht so unzweifelhaft stabil ist, wie wir gern glauben wollen. Die zirkularität der handlung wiederum zwingt Nummer Sechs zurück in die zeitfalle der vom Ort verkörperten immerwährenden gegenwart.

Cat's foot, iron claw,
Neuro-surgeons scream for more,
At paranoia's poison door
Twenty-first century schizoid man.

Blood rack, barbed wire,
Politicians' funeral pyre,
Innocents raped with napalm fire
Twenty-first century schizoid man.

Death seed, blind man's greed,
Poets' starving children bleed,
Nothing he's got he really needs
Twenty-first century schizoid man.

"21st Century Schizoid Man"
King Crimson - 1969 - "In The Court Of The Crimson King"

Destabilisierung individueller identität ist auch der inhalt der episode "2:2=2" ("Do Not Forsake Me, Oh My Darling"). Ein genialer wissenschaftler hat hier eine eine maschine erfunden, mit der sich die persönlichkeiten zweier personen austauschen lassen. Doch der wissenschaftler Dr. Seltzman (Hugo Schuster) ist verschwunden, ohne den umkehrprozess öffentlich zu machen. Die verantwortlichen des Ortes halten Nummer Sechs für den einzigen menschen, der Seltzman aufspüren könnte und entwerfen einen plan, nach dem die persönlichkeit von Nummer Sechs in den körper des "Colonels" (Nigel Stock), eines loyalen agenten, transferiert wird. Die neue Nummer Sechs (nun im körper des Colonels) wird daraufhin in seinem haus in London freigelassen in dem bewusstsein, dass er (mit ein wenig zusätzlicher konditionierung) alles tun werde, um Seltzman zu finden, um in seinen eigenen körper zurückkehren zu können. Und die verfolger würden sich auf diese von Nummer Sechs gelegte spur stürzen.

Als spitzenagent findet Nummer Sechs natürlich zu Seltzman, und in seinem gefolge die agenten des Ortes. Beide werden zurückgebracht. Nummer Sechs erhält seinen eigenen körper zurück, aber Seltzman überlistet die drahtzieher des plans, befördert seine eigene persönlichkeit in den körper des Colonels und kann auf diese weise entkommen. Der Colonel verbleibt im sterbenden körper Seltzmans.
Einmal mehr kann Nummer Sechs in die außenwelt entkommen, nur um festzustellen, dass er unter ständiger beobachtung steht und alles andere als frei ist. Das science-fiction-motiv des persönlichkeitstauschs korrespondiert mit anderen von den verantwortlichen angewandten methoden der bewusstseinskontrolle und manipulation. All diese erstaunlichen technologien haben in THE PRISONER aufgrund des sinistren gebrauchs durch die machthaber des Ortes wie auch die in der realen welt fast immer nur negative auswirkungen. Der andauernde missbrauch verstärkt wiederum die vermutung, dass die verhältnisse im Ort und in der welt außen sich nicht grundlegend unterscheiden und die hartnäckigkeit von Nummer Sechs’ fluchtversuchen im prinzip sinnlos ist. Folgerichtig gelingt ihm in der episode "Herzlichen Glückwunsch" ("Many Happy Returns") die flucht nach London wirklich, nur um von den britischen behörden postwendend in den Ort zurückgebracht zu werden. Es gibt aber anzeichen dafür, dass die ganze flucht lediglich eine inszenierung seiner häscher war, ihn mental zu brechen. Zunächst weckt man hoffnungen in ihm, die daraufhin zerschlagen werden.

TOTALES SYSTEM DER MACHT

Mit diesen episoden wird man an Foucaults werk erinnert, worin macht als totales system erscheint, das praktisch keinen ausweg oder widerstand mehr ermöglicht. Wer sich nicht einfügt (bei Foucault "delinquenten" genannt), betreibt in wirklichkeit das geschäft der offiziellen macht, und zwar als gegenbeispiel, das dazu dient, bei der großen masse den gehorsam zu verstärken. Sicherlich ist Nummer Sechs der unglücklichste bewohner des Ortes, denn seine anstrengungen lösen alles andere als eine allgemeine rebellion aus. Sie erinnern die übrigen bewohner eher daran, dass sie gut damit fahren, wenn sie willig und gefügsam bleiben.
Aus sicht der machtinhaber ist es ein vorteil, jemanden wie Nummer Sechs im Ort zu haben. Nach Foucault sorgt die bürgerliche gesellschaft durch geeignete maßnahmen für einen kontinuierlichen nachschub an delinquenten. Technologien der macht in der bürgerlichen gesellschaft sind für Foucault "produktiv" und nicht "repressiv". In seinen arbeiten geht er der langen historischen spur des produktiven gebrauchs der delinquenz in der modernen gesellschaft nach ("Wahnsinn und Gesellschaft", französisch 1961; "Sexualität und Wahrheit", französisch 1976).

Sehr bedeutsam für THE PRISONER ist Foucaults darstellung der funktionsweise des modernen gefängnissystems in "Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses". Im modernen gefängnissystem geht es, so Foucault, nicht darum, die kriminalität auszurotten, sondern um die errichtung eines effektiven systems der identifizierung und der überwachung von delinquenten, deren verbrechen man als "politisch harmlos und ökonomisch zu vernachlässigen" einhegen kann. Darüber hinaus behält man diese delinquenten durch zeitweiliges einsperren in einer so offensichtlich kontrollierten umgebung, demgegenüber die subtileren kontrollmechanismen in der gesellschaft als solcher geradezu liebevoll wirken. "Normale" individuen sind nunmehr solche, die keine delinquenten sind. Per definition scheint die "normale gesellschaftliche ordnung" anders zu funktionieren als die im gefängnis. Auf diese weise wird die grundsätzliche ähnlichkeit zwischen gefängnis und gesellschaft allgemein ebenso verwischt wie der offenkundige knastcharakter des Ortes in THE PRISONER die tatsache verschleiert, dass hier wie auch in der außenwelt ähnliche kontrolltechnologien am werk sind.

Auf eigenartige weise ähnelt das Foucault’sche gefängnis den themenparks wie Disneyland und Disneyworld. Das design ihrer offenkundigen fiktionalität lässt sie, zumindest wenn man kritikern wie Baudrillard folgt, auf der oberfläche solide und real erscheinen, wo sie doch an sich nichts weiter als simulakra sind - diese simulationen duplizieren in wirklichkeit nichts. Im nachhinein gesehen sind themenparks wie Disneyland nur die vorläufer der virtuellen cyberspace-realität. Disneyland hat für Baudrillard die funktion, die bevölkerung zur akzeptanz der wirklichkeit einer konsumkapitalistischen sozialen welt zu bewegen, die aber tatsächlich "hyperreal" und gesättigt ist von abbildern und simulationen.
"Disneyland existiert, um das "reale" Land, das "reale" Amerika, das selbst ein Disneyland ist, zu kaschieren (ein bisschen so, wie die Gefängnisse da sind, um zu kaschieren, dass das Soziale insgesamt in seiner banalen Omnipotenz eingekerkert ist). Disneyland wird als Imaginäres hingestellt, um den Anschein zu erwecken, alles Übrige sei real. Los Angeles und ganz Amerika, die es umgeben, sind bereits nicht mehr real, sondern gehören der Ordnung des Hyperrealen an." ("Agonie des Realen", dt. von Lothar Kurzawa und Volker Schäfer, Berlin, Merve, 1978). Wie ein themenpark sieht auch der Ort des Gefangenen aus, ganz besonders durch die abwesenheit verlässlicher historischer hinweise und im aufeinanderprallen von zeitabschnitten in kombination mit futuristischen hi-tech-utensilien und den gebäuden Portmeirions aus allen möglichen richtungen. Allen gemeinsam ist nur die vage verortung in der vergangenheit. Dieses aufeinanderprallen der zeiten ist ein elementares kennzeichen der Postmoderne.

DYSTOPISCHE FIKTION - NARRATIVER VERLUST

THE PRISONER stellt sich mit absicht in die tradition dystopischer fiktion. Einerseits stimmt die grundkonstellation der serie, aufsässiges-individuum-gegen-repressive-ordnungsstrukturen, genau überein mit der dystopischer fiktion. Andererseits bezieht man sich auf ganz spezielle dystopische fiktionen. Das beharren der verantwortlichen im Ort, jeden bewohner mit einer nummer zu versehen, erinnert beispielsweise an Jewgenij Samjatins Einzigen Staat in "Wir" (1924). Auf ähnliche weise erweckt der nach außen abgeschottete Ort ein gefühl der klaustrophobie wie in der mit mauern umgebenen dystopischen stadt des Einzigen Staates, obwohl die oberflächliche helle freundlichkeit hier eher eine reminiszenz an das bürgerliche dystopia eines Aldous Huxley in "Schöne neue Welt" (1932) ist. Und schließlich lassen die gleichgeschalteten fernsehausstrahlungen sowie die kameraüberwachung des Ortes an die allgegenwärtigen bildschirme in George Orwells "1984" denken (1949).

Das dystopische am PRISONER gewinnt im zusammenhang mit seinem erscheinen in den späten 60er jahren an bedeutung und somit genau nach dem verschwinden des utopischen in den 50er jahren und der kurzen wiederauferstehung in der amerikanischen kultur der 70er (Jameson hat darüber in "Die Postmoderne" geschrieben). Der postmoderne zusammenbruch utopischer vorstellungskraft aus den 50er jahren geht sehr stark einher mit einem vertrauensverlust in konventionelle erzählstrukturen, ganz so wie Jameson den verlust des historischen als wesentliches postmodernes charakteristikum betrachtet.
Dieser narrative verlust, das beinahe völlige fehlen einer linearen erzählweise, sowohl innerhalb einzelner episoden wie auch von einer episode zur nächsten, wird in THE PRISONER bemerkbar. Alain Carrazé und Hélène Oswald schreiben, alle episoden "scheinen in einer ewigen gegenwart stattzufinden und eine unerbittlich zyklische geschichte zu erzählen." Folgerichtig endet auch jede episode mit dem prominenten "logo", den gefängnisgittern, die sich vor dem bildschirmfüllenden gesicht des Gefangenen schließen und somit anzeigen, dass Nummer Sechs, der nichts erreicht hat, nach wie vor ein gefangener des Ortes bleibt. Die meisten folgenden episoden (jedoch nicht alle) beginnen genau wie die vorhergehenden, nämlich mit derselben eröffnungssequenz wie in der ersten episode bis zu dem punkt, wo der Gefangene im Ort zu sich kommt. Anschließend folgt nach immer gleichem schema das frage-und-antwortspiel [gemeint: der prolog; anm.] mit Nummer Zwei (und es endet mit dem berühmten bekenntnis von Nummer Sechs, dass er ein freier mensch ist und keine nummer), und das obwohl es in fast jeder episode eine neue Nummer Zwei gibt (16).

Mit der wiederholung des frage-und-antwortspiels wird der zirkuläre aspekt der verhältnisse im Ort unterstrichen. Das fehlen einer linearen erzählung hat bei fans zu ausladenden diskussionen über die richtige episodenreihenfolge geführt (anfänglich nicht in der reihenfolge gesendet, wie sie hergestellt wurden). Dieser streit ist allerdings völlig nichtig, außer der ersten und der letzten ist die reihenfolge irrelevant, und genau das ist der punkt.

Jedoch impliziert das fehlen einer geradlinigen erzählung, dass dies nicht auf den mikrokosmos der welt - den Ort - als solcher, beschränkt ist. In vielen episoden sehen wir methoden und institutionen der modernen welt in verfremdeter, satirische weise vorgestellt, sodass sich ihr wahrer normalerweise ideologisch verschleierter charakter offenbart. Eine der kraftvollsten und aufschlussreichsten episoden in dieser hinsicht ist "Freie Wahl" ("Free For All"), worin Nummer Sechs von der amtierenden Nummer Zwei ermuntert wird, bei der anstehenden "demokratischen" wahl gegen ihn anzutreten. Weil Nummer Sechs ein echte alternative repräsentiert, behauptet Nummer Zwei, seine beteiligung sei gerade erforderlich, um zu beweisen, dass die wahl wirklich demokratisch sei. Obwohl argwöhnisch, gerät Nummer Sechs doch in versuchung und erklärt sich mit seiner teilnahme einverstanden.

Natürlich ist die wahl ein schwindel, allerdings so, dass man sich fragen möchte, ob all das, was wir in den westlichen "demokratien" an wahlentscheidungen traditionell schätzen, nicht vielleicht ähnlich sinnlos ist. Der wahlkampf besteht nur aus klischees, sowohl sprachlich bei den kandidaten als auch in den abgeschmackten (und komplett inszenierten) demonstrationen ihrer anhänger. Tatsächlich ist an diesem zirkushaften wahlkampf etwas schwach erkennbar amerikanisches. Beim zuschauen hat man häufig das gefühl, dass viel von dem satirischen PRISONER ein angriff auf amerikanische vulgarität und übertreibung ist. Institutionen wie die örtliche "freie" presse und ihre wahlkampfberichterstattung kriegen auch ihr fett weg. In einer bezeichnenden szene wird Nummer Sechs von einem reporter interviewt. Er ignoriert jedoch dessen antworten und schreibt einfach, was ihm gefällt, meist nur platitüden. Und diese burleske demokratie erstreckt sich sogar über den wahlkampf bis in die institutionen der regierung hinein, zu sehen, als Nummer Sechs den Stadtrat aufsucht, eine lächerliche scheindemokratische versammlung.

Um die dinge noch zu verschlimmern, wird von den machthabern des Ortes sichergestellt, dass Nummer Sechs keine wirkliche veränderung aufgrund des wahlergebnisses erreichen kann. Zum einen wird er in der episode mehrfach einer gehirnwäsche unterzogen und/oder mit drogen behandelt, um so eine grundsätzliche bereitschaft zur teilnahme an dem absurden politischen spiel zu gewährleisten. Zum anderen erweist die wahl sich als böser scherz gegenüber Nummer Sechs mit dem ziel, seinen widerstand zu brechen, um schließlich an die gewünschten informationen zu gelangen. Leicht gewinnt Nummer Sechs die wahl, wie es aussieht, doch das ist bedeutungslos. Während Nummer Sechs (nunmehr formell neu gewählte Nummer Zwei) und die etwas unterbelichtet wirkende assistentin Nummer 58 im kontrollraum, von dem aus Nummer Zwei seine aktivitäten im Ort koordiniert, herumtollen und ihren sieg feiern, entpuppt sich Nummer 58 plötzlich als eine weitere verräterische frau: Sie ist nun vollkommen ernst und ohrfeigt Nummer Sechs aus seinem drogenrausch. Von sicherheitskräften wird er heftig zusammengeschlagen, zugleich übernimmt Nummer 58 ihren platz als neue Nummer Zwei.

"Freie Wahl" bewirkt eine art kognitiver verfremdung, die das potenzial hat, die taten der alltäglichen gewalten anders, mit skepsis zu sehen. In der episode "Die Anklage" ("Dance Of The Dead") wird diese art unerbittlicher verfremdung demokratischer institutionen bis in das juristische system hinein weitergetrieben,

wo Nummer Sechs vor ein gericht gestellt wird. Auf der oberfläche, weil er unerlaubterweise ein radio hatte, aber auch wegen seiner grundsätzlichen opposition gegenüber der autorität im Ort. Die verantwortlichen haben in dieser besonders düsteren episode jeglichen demokratischen anstrich fallen gelassen, zum beispiel den wahlkampftrick aus "Freie Wahl". Einmal sagt Nummer Sechs zur wiederum neuen Nummer Zwei (weiblich diesmal, von Mary Morris gespielt), ihr system sei anscheinend ziemlich erfolgreich, und das ohne opposition. "Ein ärgernis, damit haben wir aufgeräumt", ist ihre antwort. "Selbst die größten freunde der demokratie geben zu, dass sie unergiebig ist."

Wie an dem dialog erkennbar, scheint diese Nummer Zwei noch viel skrupelloser und finsterer zu sein als sonst, was vielleicht am geschlecht liegt. Frauen sind in der serie gewöhnlich die stärksten gegner von Nummer Sechs. So gibt es Nummer 240, eine offizielle beobachterin von Nummer Sechs. Sie steht in einer reihe mit frauen, die eine persönlich bindung mit Nummer Sechs aufbauen, nur um sich doch als kollaborateurin des Ortes zu erweisen. Sogar die katze, die sich mit Nummer Sechs anfreundet, gehört Nummer Zwei. Verbittert erklärt er: "Traue niemals einer frau. Auch nicht, wenn sie vier beine hat." und lässt hier offen eine frauenfeindlichkeit erkennen, die man in der serie ansonsten auf subtilere weise antrifft.

Wo schon das politische system in "Die Anklage" keine anstalten mehr macht, sich demokratisch zu geben, tendiert das justizsystem ebenfalls eher wenig in richtung gerechtigkeit. Das verfahren gegen Nummer Sechs findet im surrealen rahmen eines kostümballs statt, bestandteil des jährlichen karnevals im Ort. Der gesamte prozess ist surreal und erinnert an einige literarische vorläufer des 20. jahrhunderts, etwa den von Kafkas Josef K. und den von Leopold Bloom aus dem "Circe"-kapitel von Joyces "Ulysses".
Nummer Sechs soll verurteilt werden, jedoch nicht von einer jury seinesgleichen, sondern von einem als Napoleon, Caesar und Königin Elisabeth I. gekleideten dreipersonen-gericht, allesamt als totalitäre charaktere zu verstehen. Als er von dieser richterbank erfährt, bemerkt Nummer Sechs, das sei wie in der Französischen Revolution. "Und sie haben ganz schön aufgeräumt, nicht?", die spöttelnde antwort von Nummer Zwei. Ganz im geiste dieser surrealen situation betätigt sich die wie Peter Pan gekleidete Nummer Zwei dann als verteidigerin von Nummer Sechs. Außer möglicherweise an Kafka und Joyce erinnert der prozess (eingedenk des Kalten Krieges als serienkontext) auch an die berüchtigten stalinistischen schauprozesse der 30er jahre. Allerdings sind die besonderen anspielungen an die Französische Revolution auch unter westlichen gesichtspunkten zu sehen; das durch die richterbank repräsentierte personal ist ein allegorischer hinweis auf offizielle westeuropäische machthaber.

POSTMODERNE ALLEGORIE

Diese allegorie, das verschmelzen von Römischem Reich mit dem frühen Britischen Empire und dem nachrevolutionären französischen Reich, hat aber auch etwas wirres an sich. Denn in typisch postmoderner art und weise werden die wirklichen unterschiede zwischen den drei historischen phänomenen ignoriert. Wobei die einbeziehung der Französischen Revolution (von den meisten als das wichtigste ereignis in der historischen entstehung der modernen bürgerlichen demokratie angesehen) hier eine herausforderung an die unterscheidung zwischen demokratie und totalitarismus darstellt. Im von dunkeln politischen kräften getriebenen Ort steht die figur Elisabeth I. implizit für das "goldene zeitalter" des Elisabethanischen Englands (und in der verlängerung für viele auch für das daraus hervorgegangene moderne England).

Das zusammenfallen historischer zeitabschnitte in gleichzeitigkeit passt sehr zur karnevalsstimmung, wo zeit ebenso wie traditionelle grenzen und unterschiede aufgehoben zu sein scheinen. Der karneval in "Die Anklage" ist allerdings alle andere als eine emanzipatorische feier, die sich über die obrigkeit lustig macht. In wirklichkeit ist er seitens der machthaber von vorne bis hinten durchgeplant. Ein ausrufer proklamiert an seinem beginn, dass durch offiziellen beschluss "karneval verfügt" ist. Zudem nimmt der karneval hier eine düstere wendung, als Nummer Sechs wegen seines individualismus’ zum tode verurteilt und er von einer aufgeregten einwohnermeute verfolgt wird, die ihn in stücke reißen möchte.

Die episode ist tatsächlich äußerst pessimistisch in ihrer annahme, dass anscheinend selbst die aktionen in den späten 60er jahren, die am meisten regelüberschreitend waren, bereits durch und durch unter dem einfluss der herrschenden kräfte standen, was mit Thomas Franks schlussfolgerungen über den konsumkapitalismus und die gegenkultur der späten 60er jahre übereinstimmt. Als solche ist die episode eine erwiderung auf karnevalistische aspekte oppositioneller politik dieser zeit, wie man sie vor allem in den spielerischen aktionen amerikanischer subversiver wie Abbie Hoffman erleben konnte.

Ist "Die Anklage" in ihrer zeichnung der absoluten macht im Ort und der negierung jeglichen subversiven gehalts des karnevals eine der pessimistischsten episoden überhaupt, so offenbaren auch ein paar der anscheinend optimistischen PRISONER-episoden ihre düsteren seiten und stützen eher Foucaults pessimistische haltung hinsichtlich der möglichkeit, die kerkermacht subversiv zu unterlaufen. In "Sinneswandel" ("A Change Of Mind") wird Nummer Sechs zur zielscheibe eines plans, ihn mittels einer kombination von drogenbeeinflussung gefügig zu machen und ihm vorzugaukeln, er sei lobotomisiert worden. Mehr als wahrscheinlich in jeder anderen episode wird die medizinische behandlung von "abnormalem verhalten" hier zum zentralen bestandteil, ein offizielles werkzeug der macht, und erinnert an Foucaults skeptische abhandlung in "Wahnsinn und Gesellschaft" über moderne methoden der heilung von geisteskrankheiten. Nummer Sechs bleibt jedoch sieger und aufsässig. Es gelingt ihm, der von einer aufgeregten meute wegen seiner abweichenden individualistischen neigungen gejagt (und für "unkonform" - "unmutual" - erklärt) wurde, sogar, den zorn des mobs gegen Nummer Zwei zu richten. Nichtsdestotrotz, die darstellung der ortbewohner als gefährlicher mob, der jeden, der von der norm abweicht, vernichtet, ist ganz besonders beängstigend, und ebenfalls die vorstellung, dass man Nummer Sechs tatsächlich hätte am gehirn operieren können, würde man ihn nicht als so "wertvoll" einstufen.

In "Das Amtssiegel" ("It’s Your Funeral") kann Nummer Sechs offenbar einen seiner größten siege verzeichnen, indem er einen mordanschlag auf Nummer Zwei vereitelt, ein plan, der jedoch nur den herrschenden die rechtfertigung liefern soll, sich an der bevölkerung des Ortes zu rächen. Zum ersten mal handelt Nummer Sechs hauptsächlich zum wohl seiner mitbewohner und nicht nur zu seinem eigenen vorteil. Darüber hinaus scheint es, in dieser episode, eine funktionierende untergrundorganisation, "Jammers" ("Störer") genannt, zu geben, die den verantwortlichen des Ortes widerstand leistet, indem sie ständig imaginäre subversive aktionen ausheckt und sich dabei bewusst ist, dass man sie überwacht, was wiederum kräfte erfordert, die den angeblichen plänen nachgehen müssen.
Leider sind die "Jammer" nicht besonders erfolgreich, ja man hat sie bereits identifiziert und kennt ihre strategie. Die "Jammer" sind hier wie die Foucault’schen legitimierten delinquenten der kerkergesellschaft. Von den herrschenden werden sie meistens für eigene zwecke benutzt wie in diesem fall eine junge frau (natürlich, aber eine, die sich dessen nicht bewusst zu sein scheint), die man auf Nummer Sechs angesetzt hat. Sein "sieg" ist daher fragwürdig: Er mag die einwohner vor repressalien bewahrt haben, seine bemühungen aber werden plötzlich in eine höchst problematische richtung gelenkt, und er muss nun subversion verhindern, nicht fördern. Und dies sogar, wo der amtsnachfolger von Nummer Zwei als drahtzieher hinter der subversiven aktion steckt.

"Schachmatt" ("Checkmate"), die epiode wurde ursprünglich direkt nach "Die Anklage" gesendet, weist ähnliche problematische positive züge auf. Der würgegriff der herrschenden des Ortes scheint weniger absolut zu sein als sonst. Und es gelingt Nummer Sechs sogar, für seine versuche, die macht zu untergraben und aus dem Ort zu fliehen, eine handvoll unterstützer (natürlich alle männlich) zu finden. In einer an Lewis Carroll erinnernden szene zu beginn beobachtet Nummer Sechs ein schachspiel mit lebenden menschen als spielfiguren, womit ganz wörtlich ein hauptthema der serie benannt ist: In der hand der offiziellen macht sind individuen bauernfiguren. Bei einem gespräch mit einem der spieler, dem "mann mit dem stock", erkennt Nummer Sechs, dass die strenge unterscheidung zwischen schwarzen und weißen schachfiguren sich womöglich auch auf die einwohner des Ortes anwenden lassen ließe. Diese "Wir-gegen-Sie"-logik setzt Nummer Sechs ein in der erwartung, auf diese weise die einwohner einfach in wärter und gefangene wie Nummer 58 und er selbst einteilen zu können.

Doch wieder einmal ist diese strikte polarität nicht durchzuhalten. Die revolte bricht schnell zusammen, zum teil weil die von Nummer Sechs rekrutierten mitstreiter ihn für einen der wärter halten und ihm davonlaufen. In anderen episoden scheinen Nummer Sechs’ niederlagen letztlich die unmöglichkeit zu signalisieren, ein einzelner könne ein repressives system überwinden. Doch entspringt aus diesem motiv eine potenziell positive, gar linke politische lektion: die wichtigkeit gemeinsamen handelns angesicht der ohnmacht des einzelnen individuums. In "Schachmatt" jedenfalls ist die organisierte revolte einer handvoll einzelner zum scheitern verurteilt. Carrazé und Oswald schreiben, die niederlage von Nummer Sechs in "Schachmatt" scheine "umso mehr mit politischer bedeutung für seine welt, die auf dem schachbrett, wie auch unsere aufgeladen zu sein. Sein - symbolisches - scheitern steht für alle anstrengungen nach kollektiver freiheit."

SCHLUSSENDLICHE DEKONSTRUKTION

Das ende der serie kommt nun in sichtweite. Die beiden letzten PRISONER-episoden bewegen sich auf einen abschluss zu, dessen unabgeschlossenheit zu einem weiteren merkmal für die postmoderne skepsis der serie wurde. In "Pas de deux" ("Once Upon A Time") kehrt Leo McKern als Nummer Zwei zurück, als der er bereits in "Die Glocken von Big Ben" agiert hatte. Diesmal ist er wild entschlossen, das problem Nummer Sechs ein für allemal zu einer lösung zu bringen. Dies führt zu einem verhängnisvollen psychologischen kampf mit Nummer Sechs, endet jedoch mit einer völligen niederlage von Nummer Zwei. Die schauspielerische darstellung hier ist dermaßen intensiv, dass McKern während der dreharbeiten angeblich einen herzanfall erlitt. Aber als triumphierender sieger scheint Nummer Sechs daraus hervorzugehen. Nicht nur hat er Nummer Zwei bezwungen (anscheinend getötet), sondern am ende der episode wird er vom Supervisor (der oft für Nummer Zwei arbeitet) endlich zu der mysteriösen Nummer Eins geleitet.

Die bühne für das finale, in dem Nummer Sechs endlich die vielen rätsel des Ortes lösen soll, ist also bereitet. Allerdings brachte dann die letzte episode "Demaskierung" ("Fall Out") mit ihrer weigerung, einfache antworten und einen eindeutigen schluss zu liefern, viele zuschauer vor zorn auf die palme. Diese erstaunliche letzte episode vervollständigt die schlussendliche dekonstruktion nicht nur mit dem gegensatz zwischen dem Ort und der welt draußen, sondern auch zwischen Nummer Sechs und seinen aufsehern aus dem Ort. Das verwirrte publikum blieb mit fragilen wahrheiten allein gelassen zurück, feste verlässliche deutungen gab es nicht mehr. Auch individualistische sehnsüchte, die anteilnahme für den virtuosen freidenker Nummer Sechs, treibsatz der frühen episoden, fanden keine nahrung mehr.

"Demaskierung" beginnt mit einer der ungewöhnlichsten und surrealsten szenen der gesamten serie, darunter solchen eines weitaus bizarreren prozesses als der aus "Die Ankage". Während subversive ausprägungen anderer art verurteilt werden, erhält Nummer Sechs' äußerster widerstand gegenüber der obrigkeit als zeichen dafür, dass er das einzige wahre individuum ist, applaus von der versammlung. Zur belohnung ist er nun frei und kann gehen. Zuvor aber muss er die identiät von Nummer Eins feststellen. In einer wirren sequenz stellt sich dann heraus, dass es sich offenbar um Nummer Sechs selbst handelt, oder zumindest einen dunklen aspekt seiner persönlichkeit mit einer demnach auf postmoderne art fragmentierten identität. Es beginnt eine apokalyptische folge gewalttätiger revolution und absolutes chaos, das unter den klängen des Beatles-songs "All You Need Is Love" zur evakuierung des Ortes führt. Die gefühlsseligkeit des stückes und alles, was an 60er jahren darin zum ausdruck kommt, wird von der Brecht’schen ironie in der auswahl dieses songs verworfen.

Schließlich flieht Nummer Sechs (u.a. zusammen mit dem von den toten wiederauferstandenen Leo McKern als Nummer Zwei) und kehrt nach London zurück. Doch die flucht bleibt im höchsten maße problematisch.
An seinem haus stellt man fest, dass die eingangstür sich mit demselben verräterischen geräusch automatisch öffnet wie die im Ort, was zu dem schluss führt, dass sich in wahrheit nur wenig verändert hat und Nummer Sechs sich auch weiterhin in den fängen teuflischer kräfte befindet, von denen er selbst ein teil ist. Er springt sodann in seinen Lotus und fährt davon - und geradewegs in die eröffnungssequenz der serie hinein, womit der kreis sich (in bewährter postmoderner erzählerischer manier) schließt und er wieder am anfang steht, womöglich um alles noch einmal durchzumachen. Auch hier zerfällt, ein für allemal, die anmutung einer linearen erzählweise ebenso wie die illusion, dass die welt wirklich anders sei als der Ort, oder dass Nummer Sechs’ existenz unabhängig von den mächten sei, die den Ort und die welt beherrschen.

Die schlussepisode der serie neigt zu einer pessimistischen und postmodernen, eher denn modernen oder marxistischen lesart. So gesehen befand sie sich wahrscheinlich auf der höhe ihrer zeit, auch wenn mancher den triumph der Postmoderne mit dem zusammenbruch der französischen Mai-revolution von 1968 verorten möchte. Eine genauere betrachtung des PRISONER - und sogar davor der TWILIGHT ZONE - zeigt jedoch, dass postmoderne bestandteile schon deutlich vor 1968 in angloamerikanischen fernsehprogrammen zu finden waren. Andererseits legte THE PRISONER eine große ernsthaftigkeit in die beschäftigung mit themen wie fragen nach form und überwachung, sodass man von einer guten dosis modernistischem denken sprechen kann. Ein ergebnis dieser anhaltenden modernistischen ernsthaftigkeit mag gewesen sein, dass die serie mit ihrer direkten und unbequenen thematisierung von ängsten vielleicht zu sehr mit der zeit ging und deshalb erst jahrzehnte später größere popularität fand als bei ihre ersten fernsehausstrahlung und sie zum kultfavoriten wurde.

Ende der 1980er jahre waren viele sujets der Moderne lange genug bekannt und wurden zum gegenstand von ironie und selbstparodie. Nun war es möglich, in THE PRISONER "camp" zu sehen und als weniger verstörend zu empfinden. Darüber hinaus enthielten spätere postmoderne serien wie TWIN PEAKS und AKTE X entschieden mehr elemente von "camp" aus den anfangsjahren und zeigten somit, dass die Postmoderne seit den 1950er jahren sich nun, ende der 80er, praktisch in der westlichen fernsehkultur breit gemacht hatte.

KEVIN P. MAHONEY: DER ANARCHISCHE PRISONER
ROBERT FAIRCLOUGH: POP UND POLITIK
MOOR LARKIN: ICH BIN EIN BERLINER
ZIAUDDIN SARDAR: DIE POSTMODERNE UND DAS ANDERE
DER ORT: MENTALE MANIFESTATION?
MEHR: IMMER NOCH NUMMER 6?

MEHR: KALTER KRIEG
MEHR: PRISONERESK

(3) Wie so viele diametrale gegensätze gibt es auch hier ausnahmen. Zum beispiel der berüchtigte pessimismus des Marxisten Theodor W. Adorno und der überschwang der französischen poststrukturalisten Deleuze und Guattarí.

(4) Dieses phänomen aus der Sowjetunion findet sich treffend wiedergegeben in den frühen schriften von Wassili (Pawlowitsch) Aksjonow, auch in seinem zentralen werk "Gebrannt" ("The Burn"), entstanden 1969-75, aber erst 1980 veröffentlicht.

(5) Mit dank an Patrick Ducher vom französischen PRISONER-fanclub "Le Rodeur" für angaben über die sendezeiten und die reaktionen in Frankreich.

(6) Dazu: J. Fred MacDonald

(7) Es gibt zahlreiche hinweise darauf, dass John Drake der Gefangene sein könnte, aber diese verbindung wird nie ausdrücklich genannt (mehr...)

(8) DANGER MAN lief ursprünglich 1961 (somit also vor den Bond-filmen) als halbstündige serie und kehrte 1965 als einstündiges format auf die bildschirme zurück.

(9) Nach angaben von schauspieler Alexis Kanner, der gelegentlich in THE PRISONER auftrat, hatte man McGoohan die Bond-rolle angeboten, er aber hatte abgelehnt.

(10) F ür eine eingehendere diskussion dieses phänomens aus einem anderen blickwinkel heraus (nichtsdestotrotz unter dem aspekt des verlusts von ort in Amerika mit auswirkungen auf den konsumkapitalismus) siehe Leach: "Country Of Exiles".

(11) Jameson hält Gibson für die zentrale figur und erklärt cyberpunk zur "höchsten literarischen ausdrucksform, wenn nicht der Postmoderne, dann des spätkapitalismus selbst." ("Die Postmoderne"). Über cyberpunk und die Postmoderne siehe auch McCaffrey und Bukatman.

(12) Diese umkehrprozedur bildet die basis der episode "Hammer oder Amboss", wo Nummer Sechs psychologische kriegsführung anwendet, um Nummer Zwei zu brechen, genau so wie üblicherweise Nummer Zwei versucht, die psychologische stabilität von Nummer Sechs zu erschüttern.

(13) Die idee zu dieser episode stammt ursprünglich von Ian Rakoff, der mit "Inside The Prisoner" einen ausführlichen erfahrungsbericht über die entstehung dieser episode wie auch der serie allgemein veröffentlicht hat.

(14) Zum vergleich die TWILIGHT-ZONE-episode "The Old Man In The Cave" (1963; dt. "Der Alte der Höhle"), wo eine postapokalyptische gemeinde unter der führung eines zurückgezogen lebenden "alten mannes" überlebt, von dem sich herausstellt, dass es sich um einen computer handelt.

(15) Ich habe in "The Post-Utopian Imagination" angemerkt, dass in den 50er jahren amerikanische autoren wie Norman Mailer und (auf subtilere art und weise) Wladimir Nabokow in eine ähnliche richtung tendierten und eine grundlegende ähnlichkeit zwischen der amerikanischen und sowjetischen alternative während des Kalten Krieges annahmen.

(16) In den 17 episoden erscheinen genau 17 unterschiedliche Nummer Zweien, obwohl einige in mehr als einer episode auftreten und in einigen episoden mehrere Nummer Zweien vorkommen. Es gibt anzeichen, dass die ablösung der jeweiligen Nummer Zwei genau aufgrund des misserfolgt stattfindet, Nummer Sechs zu brechen.

M. Keith Booker ist professor am Department of English an der University of Arkansas - J. William Fulbright College of Arts & Sciences. Der artikel ist unter dem originaltitel "The Prisoner: The Modern, the Postmodern and the French Poststructuralism in the 1960s" in seinem buch "Strange TV - Innovative Television Series from The Twilight Zone to the X Files", 2002 bei Praeger erschienen.
Deutsche übersetzung, Juli 2011, leicht gekürzt, von Arno Baumgärtel, unter auslassung einiger abschnitte u.a. auf arbeiten von Louis Althusser und Michail Bachtin, die vom thema THE PRISONER - NUMMER 6 zu weit weggeführt hätten. Mit dank an Michael Kimpel, Jana Müller und Valarie Ziegler (DePauw University, Indiana), für ihre tatkräftige und moralische unterstützung!


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