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"WIR SEHEN UNS!" -
DIE POSTMODERNE UND DAS ANDERE

VON ZIAUDDIN SARDAR

Zeichen und böse vorahnungen stehen vor dem beginn. Halten Sie davon, was Sie wollen. Es sind indikatoren für eine wahl, die getroffen werden muss. "Wir sehen uns" war die übliche begrüßungsformel in Patrick McGoohans kultfernsehserie NUMMER 6, die erstmals 1967 gezeigt wurde.

   

Damals war die postmoderne kaum mehr als ein glitzern in den augen ihrer hauptakteure. Der begriff war 1934 vom spanischen autor Federico De Onis als reaktion auf die und innerhalb der Moderne benutzt worden. Daraufhin gebrauchten ihn der historiker Arnold Toynbee in seinem 1947 veröffentlichten werk

AUS DEM ENGLISCHEN VON ARNO BAUMGÄRTEL
EDITORISCHER
HINWEIS

"A Study of History" (dt. "Der Gang der Weltgeschichte") und die literaturkritiker Irving Howe und Harold Levine sowie Leslie Fiedler in den 60er jahren. Als ausgewachsene theorie und praxis jedoch war die postmoderne noch wenigstens ein jahrzehnt entfernt. Kaum überraschend also, dass NUMMER 6 nicht als werk der postmoderne gesehen wird. Aber einige elemente, die wir inzwischen mit der postmoderne assoziieren, werden darin vorgeprägt. Die eröffnungssequenz jeder episode enthält den folgenden dialog:

Nummer Sechs: Wo bin ich?
Stimme: Sie sind da.
Nummer Sechs: Was wollen sie?
Stimme: Informationen.
Nummer Sechs: Auf wessen seite sind sie?
Stimme: Wir sind auf der richtigen seite. Wir wollen informationen, informationen, informationen.
Nummer Sechs: Ich sage nichts.
Stimme: So oder so, sie werden sprechen.
Nummer Sechs: Wer sind sie?
Stimme: Die neue Nummer Zwei.
Nummer Sechs: Wer ist Nummer Eins?
Stimme: Sie sind Nummer Sechs.
Nummer Sechs: Ich bin keine nummer, ich bin ein freier mensch!
Stimme: Ha, ha, ha...!

ALLGEGENWÄRTIG: "WIR SEHEN UNS!"

Begleitet von Orwell- und Huxley’schen untertönen erscheint die vorspannsequenz von NUMMER 6 wie der auftakt zu einem action-geladenen spannungsdrama, in dem der titelheld, ein geheimagent, aus ärger seinen dienst aufkündigt, um daraufhin entführt zu werden, verschleppt in eine nachbildung seiner eigenen wohnung inmitten einer bizarren neuen umgebung, dem Village (der Ort). Die ausgangsprämisse ist der gewissenhafte individuelle kampf gegen einen unsichtbaren Großen Bruder um seine freiheit. Nichts jedoch ist in NUMMER 6, wie es aussieht. Alles ist übersät mit einer vielzahl an bedeutungen. Dieser überfluss an bedeutung spiegelt sich treffend im zusammenfließen der architektonischen stile wider. Der Ort heißt Portmeirion in Nordwales und ist nichts weiter als ein zeitgenössischer großer spleen, errichtet von dem exzentrischen architekten Sir Clough Williams-Ellis.

NUMMER 6 ALS DISKURS
KEVIN P. MAHONEY: DER ANARCHISCHE PRISONER

M. KEITH BOOKER: DER POSTMODERNE PRISONER
ROBERT FAIRCLOUGH: POP UND POLITIK

MEHR: IMMER NOCH NUMMER 6?
MEHR: KALTER KRIEG
MEHR: PRISONERESK

Portmeirion ist ein eklektischer mix bestehend aus realen gebäuden, täuschenden fassaden und herantransportierten strukturen vom orientalischen bis zum italienisierten. Vieles an den gebäuden und der zierrat ist kaum mehr als kulisse: Die zwiebelkuppel auf dem turm ist lediglich eine kupferverkleidung für den schornstein. Die nach vorbildern aus Schloss Schönbrunn bei Wien modellierte Gloriette ist wie eine filmkulisse, nur fassade. Das miniaturschloss auf dem hügel ist in wirklichkeit nicht mehr als eine um säulen erweiterte hütte. Portmeirion ist auch auf amüsante und ironische weise ein vorläufer postmoderner architektur und kombiniert, mit den worten von Charles Jencks, "moderne techniken mit etwas anderem (normalerweise traditionelle gebäude), um die architektur in die lage zu versetzen, sowohl mit dem publikum wie mit besorgten minderheiten zu kommunizieren" (1). Aus Portmeirions realer künstlichkeit wird die imaginierte realität des kosmopolitischen Ortes aus NUMMER 6.

Bryan Turner erklärt die postmoderne als antwort auf die Moderne: "Mit der verbreitung der modernen massenkommunikationstechnologie haben wir nicht nur mehr dienstleistungen und freizeitmöglichkeiten (und damit einhergehend eine neue mittelklasse), sondern auch zunehmend realität als simulation. Das implodieren der zeichen unterminiert letztendlich unseren sinn für die realität mit dem ergebnis, dass in unserer von medien beherrschten welt die vorstellung von bedeutung an sich (welche auf der annahme stabiler grenzen und fester strukturen sowie gemeinsamer auffassungen beruht) sich auflöst." (2)

Bedeutung wird von NUMMER 6 liquidiert, realität simuliert und somit wird beides überschritten. Auf dem höhepunkt der serie, in der folge "Demaskierung", wird vorgeblich die identität von Nummer Eins gelüftet und alles vorangegangene einer erklärung zugeführt. Jedoch löst sich hier die im allgemeinen lineare erzählweise der früheren episoden in chaotischer bedeutungslosigkeit auf. Keine struktur mehr, keine logik,

WAS SOLL DAS BEDEUTEN? DIE SZENE AM STRAND AUS DER
EPISODE "DANCE OF THE DEAD" ("DIE ANKLAGE")

lediglich wortspiele und das versprechen, zum anfang zurückzukehren: Der zyklus wiederholt sich. Die episode "Harmony" präsentiert sich als konventioneller western. Ohne den üblichen vorspann, tritt unser held als namenloser fremder in einer bedrohlichen westernstadt auf. Die handlung dreht sich um die bemühungen des fremden, nicht als sheriff arbeiten und auch keine waffe tragen zu müssen. Die sache kulminiert anscheinend in einem revolverduell mit the Kid, einem schießwütigen stummen jungen, bei dem der fremde schließlich doch gezwungen ist, zur waffe zu greifen und am ende Kid tötet. Aber er selbst wird vom Richter erschossen. Als er zu bewusstsein kommt, ist der fremde wieder zu Nummer Sechs geworden und befindet sich im Ort und in seiner gewohnten kleidung. Die westernstadt, stellt er vor der tür fest, ist nur eine kulisse mit auf holzplatten gemalten figuren, denen er eben noch begegnet war. Die ganze sache war eine bildermanipulation, eine simulierte realität.

In "Die Glocken von Big Ben", der zweiten episode, stellt Nummer Sechs eine abstrakte schnitzarbeit bei der kunsthandwerklichen ausstellung im Ort vor. Die juroren sind beeindruckt:

Juror: "Wir wissen nicht genau, was es bedeutet."
Nummer Sechs: "Es bedeutet, was es ist."
Nummer Zwei: "Billiant. Es bedeutet was es ist. Brilliant. Oh nein, lassen sie sich von mir nicht beeinflussen. Sie sind die preisrichter."
Jurorin: "Was mich verwirrt hat, Nummer Sechs, ist der name, den sie ihrer plastik gegeben haben. Flucht."
Nummer Sechs: "Dieses stück hier, was stellt es für sie dar?“
Juror: „Eine kirchentür?"
Nummer Sechs: "Jawohl, ganz richtig."
Jurorin: "Ich glaube ich verstehe, worauf er hinaus will."

MEHR: SURREALISMUS

Bedeutung ist völlig relativ, scheint NUMMER 6 zu behaupten. Man sieht nur, was man sehen will: Eine universelle wahrheit gibt es nicht. Für Nummer Sechs ist wahrheit davon abhängig, auf welcher seite man steht. Die wächter des Ortes jedoch sind skeptisch gegenüber jeglicher ahnung von wahrheit: Sie zeigen - nach Lyotards worten - eine "ungläubigkeit gegenüber metaerzählungen", was für Lyotard die bestimmende charakteristik und zugleich die definition der postmoderne ist (3); oder, wie dieser dialog aus "Die Glocken von Big Ben" zeigt:

Nummer Zwei: "Die einen reden. Die anderen reden nicht. Was bedeutet, dass die einen diesen Ort wieder verlassen können, und die anderen, die bleiben dann eben. Sie wollen offensichtlich bleiben."
Nummer Sechs: "Ist ihnen schon einmal aufgegangen, dass sie genau so ein gefangener sind, wie ich?"
Nummer Zwei: "Oh, mein lieber freund, natürlich! Ich weiß zu viel. Wir haben beide lebenslänglich. Aber ich bin ein absoluter optimist. Deshalb spielt es für mich keine rolle, wer Nummer Eins ist. Es ist mir ganz egal, zu welcher seite dieser ort gehört."
Nummer Sechs: "Er gehört also zur einen seite, oder zu anderen."
Nummer Zwei: "Selbstverständlich. Aber sie unterscheiden sich nicht mehr. Was ist hier in wirklichkeit entstanden? Eine internationale Gemeinschaft. Der perfekte Entwurf für eine neue Weltordnung. Wenn die beiden seiten einander anschauen, werden sie plötzlich merken, dass sie in einen spiegel sehen. Sie werden erkennen, dass das das modell der Zukunft ist."

Ideologien, wahrheit und sogar vernunft sind relativ: Alles ist spiegelbild des anderen, in letzter konsequenz ist ein wirkliches entkommen aus dem allumfassenden relativismus und der unterdrückung nicht möglich. Was bleibt, sind sprachspielereien, und davon gibt es bei NUMMER 6 ausreichend viele elaborierte, wortspiele und spiele mit worten:

Nummer Zwei: "Ich bring dich um!"
Nummer Sechs: "Ich werde sterben."
Nummer Zwei: "Du bist tot."

Selbst die nur dahergesprochenen dialoge haben eindeutige ironische und selbstironische züge: "Ich muss ein versagen melden. In der führung. Nummer Zwei muss ersetzt werden. Ja, Nummer Zwei gibt die meldung selber." (episode "Hammer und Amboss").

In herkömmlichen fernsehdramen sind die protagonisten meist auf der suche und jagd nach eher profanen dingen - etwa dem einarmigen mörder aus AUF DER FLUCHT. In ihren postmodernen gegenstücken erweist sich die ursprüngliche suche als mehr und mehr trügerische angelegenheit: Der NOWHERE MAN ist auf der suche nach seiner durch einflussreiche kräfte ausgelöschten identität; der junge held aus DEAD AT 21 mit einem durch ein regierungsexperiment eingepflanzten mikrochip in seinem kopf sucht seine cybervergangenheit; und die überlebenden auf dem planeten EARTH 2 auf der suche nach der Erde der zukunft.

Mit NUMMER 6 kündigte sich das postmoderne paradigma vor über 40 jahren an, noch bevor der begriff recht in der welt war. Die suche von Nummer Sechs nach der identät von Nummer Eins ist in wirklichkeit die suche nach seiner eigenen identität und zugleich der versuch, seine zukunft zu bestimmen - Nummer Eins stellt sich als alter ego von Nummer Sechs heraus.

In NUMMER 6 vermischen sich tatsachen und fiktion, die vergangenheit (die fiktionale des schauspielers Patrick McGoohan) fällt mit der gegenwart zusammen und diese mit der zukunft. Das traditionelle Penny-Farthing hochrad wird zum symbol der modern-postmodernen erzählung NUMMER 6: alt und neu als kombination und suggestion von kontinuität und bruch gleichermaßen. Als solches ist NUMMER 6 eine fortsetzung von DANGER MAN, McGoohans voriger fernsehserie, wo er den geheimagenten John Drake spielt. Sicherlich ist das verhalten von Nummer Sechs wie das von Drake: Er gebraucht eher seinen grips als seine fäuste oder eine waffe.
In der episode "---3-2-1-0" tritt ein wirklicher John Drake auf, ein echter schauspieler in der rolle eines cricketspielers. Der fiktive Ort der gefangenschaft von Nummer Sechs hat seine entsprechung in einem tatsächlichen ort in Schottland, wohin das heutzutage nicht mehr existierende Inter Services Research Bureau (ISRB) während des Zweiten Weltkrieges ex-geheimagenten in "zwangsurlaub" schickte. Mit anderen worten: Der Ort aus NUMMER 6 existierte tatsächlich. Einmal gibt Nummer Sechs dessen adresse als "20 Portmeirion Road, Filey Clyde, Scotland" an.

In einer hinsicht ist NUMMER 6 jedoch alles andere als postmodern: in seiner kompromisslosen moralischen haltung. NUMMER 6 streitet nicht um irgendeine trügerische vorstellung von freiheit oder individueller freiheit (die als mythos postuliert wird), sondern gegen jegliche form von manipulation, einschließlich bildermanipulation. Es wird nicht bestritten, dass wir alle gefangene in einer von fabrizierten bildern und sinnlosen wortspielereien beherrschten welt seien. NUMMER 6 wendet sich gegen diese welt.
Die postmoderne, stellen Steven Best und David Kellner fest, "erfreut sich an der welt, wie sie ist und übt sich in zufriedener koexistenz eines pluralismus postmoderner ästhetik und spiele" (4); NUMMER 6 dagegen benutzt postmoderne ästhetik, um seine botschaft zu unterminieren: Eine moralische haltung ist erforderlich, um dem ewigen kreislauf der unterdrückung zu entrinnen. ...

Die postmoderne hat alle disziplinen des denkens durchdrungen, sich tief im alltäglichen leben eingenistet und ist dabei, untermauert durch freie märkte und bürgerlichen liberalismus, zu einer globalen kulturellen kraft geworden. Die postmoderne welt wird von den massenmedien errichtet. Das bindemittel für all dies: die postmoderne ökonomie. ... Während die postmoderne legitimer protest gegen die exzesse der erstickenden Moderne, die instrumentelle vernunft und autoritären traditionalismus ist, wurde sie selbst zur universellen ideologie, die alles vernichtet, das für nicht-westliche individuen und kulturen sinn und tiefe bedeutet. Sie steht für den partiellen versatz von repression hin zur verführung, von der polizei zum markt, von der armee zur bank, von tiefschürfender erkenntnistheorie zur oberflächlichen hermeneutischen lesart. ...

Andere kulturen werden auf diese weise zu gefangenen der welt, die die postmoderne erschafft. Tatsächlich wird die reale postmoderne welt der des Ortes in NUMMER 6 immer ähnlicher. Dort ist information die begehrte handelsware. Und information ist auch unser bevorzugtes gut im globalen ort. ...

Statt geld gebraucht man im Ort fiktive "credits". Die globale wirtschaft basiert inzwischen zum größten teil entweder auf der produktion von fiktivem geld, das man den nicht-westlichen kulturen leiht, oder dem ankauf fabrizierter bilder durch staaten der "Dritten Welt". Die tageszeitung des Ortes, der Tally Ho, druckt hauptsächlich lügen, gerade so wie die globalen medien heutzutage im großen stil bilderrecycling betreiben, über

orientalismus und "dämonische Andere", "in armut versunkene Andere" oder "blutrünstige kriegslüsterne Andere", oder eben schlichte lügen, halbwahrheiten und vorgefertigte versionen dessen, was wirklich in "anderen welten" passiert.

Trotz des kosmopolitischen äußeren ist die sprache im Ort englisch. Seine dominanz symbolisiert durch die standardisierte form der begrüßung und des abschieds: "Wir sehen uns!" Die unterschiedlichkeiten der modernen welt werden auf ähnliche weise durch die sprachliche und visuelle gleichförmigkeit Hollywoods und des amerikanischen fernsehens ersetzt. ...

GUILLAUME GRANIER : SCHÖNER TAG! - SPÄTER REGNET ES

Im letzten abschnitt von NUMMER 6 kehrt Nummer Sechs nach der flucht aus dem Ort in einem "embryokäfig" und gefahren vom zwergenhaften Butler schließlich in sein Londoner haus zurück.

Die haustür (jetzt mit einer großen ziffer 1) öffnet sich ganz genau so wie im Ort selbsttätig. Der Gefangene geht hinein, aber wir sehen ihn nicht von der anderen seite aus eintreten. Es bleibt das beunruhigende gefühl, dass da jemand darauf wartet, den zyklus wieder von neuem zu beginnen.
Nummer Sechs kommt noch einmal heraus und steigt in seinen geparkten Lotus, rast über eine leere schnellstraße - ganz so wie zu beginn der ersten episode. Seine freiheit hat der Gefangene
nicht errungen; es handelt sich nicht um ein mythische suche zusammen mit einer apotheose, sondern lediglich um ein weiteres stadium in einer andauernden zyklischen neuformulierung.

NICHT DAS ENDE...

Die angeblichen versprechungen der postmoderne sind ein ebensolcher mythos. Wir werden nur von einem bereich der unterdrückung zu einem anderen geschafft. In dem maße, wie sich die tür vor der Moderne schließt, dauern die methoden und mechanismen der unterdrückung des Anderen fort, wenn auch in neuer und verbrämter form.

NUMMER 6 ALS DISKURS
KEVIN P. MAHONEY: DER ANARCHISCHE PRISONER

M. KEITH BOOKER: DER POSTMODERNE PRISONER
ROBERT FAIRCLOUGH: POP UND POLITIK

MEHR: IMMER NOCH NUMMER 6?
MEHR: KALTER KRIEG
MEHR: PRISONERESK

Die bibliografischen angaben beziehen sich auf den englischen text.

(1) Charles Jencks, What is Postmodernism? Academy Edition,
London 1989, s. 14

(2) Bryan S. Turner, Hg. Theories of Modernity and Postmodernity, Sage,
London 1990, s. 3f

(3) Jean-François Lyotard, The Postmodern Condition, Manchester University Press, Manchester 1979, s. XXIV

(4) Steven Best & Douglas Kellner, Postmodern Theory: Critical Interrogations,
Macmillan, London 1991, s. 11

Ziauddin Sardar, geboren 1951 in Pakistan, lebt in London und ist gelehrter, autor und kulturkritiker mit dem spezialgebiet muslimisches denken, die zukunft des Islam, kulturelle beziehungen. Er hat sich einerseits als postmoderner denker hervorgetan wie er andererseits ein kritiker der postmoderne ist. Sein buch "Postmodernism and the Other: New Imperialism of Western Culture" erschien 1997 bei Pluto Press, London. Der abschnitt über die fernsehserie THE PRISONER - NUMMER 6 ist das einleitende kapitel des buches. Deutsche übersetzung von März 2012, übersetzt wurden nur die passagen mit direktem bezug zur serie.

Mit dank an Prof. Valarie Ziegler von der DePauw University, Indiana, USA, für den hinweis und die zurverfügungstellung des originaltextes. Dank ebenso an Jana Müller fürs korrekturlesen und überhaupt den diskursinput.


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